
Es müssen nicht immer Kredite in Höhe von Zigtausenden Euro sein, um Menschen ihre Wünsche zu erfüllen. Oftmals reichen schon einige Hundert Euro – und zwar in Ländern des globalen Südens. Konkret über einen sogenannten Mikrokredit.
Die Mittel dafür werden in entwickelten Staaten eingesammelt und über lokale Organisationen vergeben, vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Erneuerbare Energie, Dienstleistungen, Bau, Handel und nicht zuletzt Zugang zu Bildung und Bankdienstleistungen. Einer dieser Mikrofinanzierer ist Oikocredit. Die Genossenschaft mit 250 Mitarbeitern und Hauptsitz in den Niederlanden feiert heuer ihr 50-jähriges Bestehen. Doch die Zeiten waren schon einmal besser.
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Grund ist der Klimawandel. Bei einer Befragung der Kreditnehmer mit rund 48.000 Teilnehmern im Vorjahr gaben 38 Prozent an, dass sie in den vergangenen 12 Monaten Einkommensverluste durch Extremwetter erlitten hätten. Am höchsten war die Quote in Asien (44 Prozent). „Klima ist mittlerweile das größere Problem als der Zugang zu Finanzdienstleistungen“, sagt Oikocredit-Chefin Mirjam t’Lam bei ihrem Besuch in Wien im KURIER-Gespräch.
Nettoverlust
Auch Oikocredit selbst leidet unter den Folgen des Klimawandels. Zwar gab es im Vorjahr ein positives Betriebsergebnis von 85,1 Millionen Euro. Wegen erhöhter Risikokosten aufgrund des Klimawandels und „politischer und wirtschaftlicher Instabilitäten“ fiel ein Nettoverlust von 8,1 Millionen Euro an, nach einem Nettogewinn von 1,6 Millionen 2023. Heuer peilt t’Lam wieder einen Gewinn an.
„Wir können den Klimawandel nicht beeinflussen, aber wie Menschen damit leben können. Wir wollen die Lebensqualität langfristig steigern.“ Oikocredit arbeitet mit knapp 500 Partnerorganisationen in rund 50 Ländern zusammen. Diese geben die Mittel an rund 53 Millionen Menschen, davon 87 Prozent Frauen, und Projekte weiter. „Das passiert nicht vom grünen Tisch oder seitens europäischer Banken aus. Wir wollen so viel möglich lokal angehen“, so t’Lam.
Die Gelder kommen von internationalen Anlegern, darunter etwa 6.500 Geldgeber mit einer Summe von rund 120 Millionen Euro. Insgesamt beträgt das Finanzierungsportfolio bei 1,1 Mrd. Euro mit jährlich 250 bis 400 Millionen an frischen Mitteln von knapp 46.400 Investoren. Diese Zahlen stagnieren seit vielen Jahren und in jüngster Zeit sogar leicht rückläufig.
Niedrige Rendite
Das könnte an den Zinsen liegen. Denn geboten werden bestenfalls 2 Prozent (ab 200 Euro Einlage und ohne feste Laufzeiten). „Unsere Anleger sind treu und wollen eine ökologische und soziale Rendite“, betont t’Lam. „90 Prozent aller Anleger wollen Kohle machen, aber 10 Prozent ethisch/sozial veranlagen.“ Viele Kinder würden die Einzahlungen ihrer (verstorbenen) Eltern übernehmen, sodass sich das Alter der Oikocredit-Anleger in den vergangenen Jahren im Durchschnitt auf etwas mehr als 35 Jahre verjüngt habe.
Die Ausfallquoten sind laut t’Lam zwar seit Corona angestiegen und liegen bei rund 2 Prozent. „Es waren aber nie über drei Prozent.“ Die ausfallgefährdeten Kredite lagen aber zuletzt bei beachtlichen 8,3 Prozent. Korruptionsprobleme mit lokalen Partnern habe es nie gegeben, allerdings mit einigen derer Kunden.
Source:: Kurier.at – Wirtschaft