Warum die EU-Kommission ein „Ja“, das EU-Parlament aber Katzenjammer bekommt

Politik

Überprüfung und Absegnung von Von der Leyens neuem Team ist zum Machtkampf verkommen. Ruf nach Reform

„Wir haben ein fürchterlich negatives Schauspiel erlebt“: Andreas Schieder, EU-Parlamentarier der SPÖ macht seine Enttäuschung über die letzten drei Wochen deutlich. Am Mittwoch wird die neue EU-Kommission, werden also die 26 Mitglieder von Ursula von der Leyens zweitem Team, mit aller Voraussicht ein „Ja“ vom EU-Parlament bekommen. Schlecht ausgestiegen ist nur das EU-Parlament.

Diese drei Wochen sind eigentlich als Demokratie-Demonstration der EU geplant und sollen die tragende Rolle des Parlaments hervorheben. Doch das hat aus der tragenden Rolle einen traurigen Auftritt gemacht, wie viele Abgeordnete meinen.

Jeder einzelne der neuen Kommissare wurde einer Anhörung in den für ihn zuständigen Ausschüssen des Parlaments unterzogen. Danach berieten die Vorsitzende dieser Ausschüsse über den Kandidaten. Eigentlich sollte es dabei um Inhalte, also die Pläne und die Haltungen des jeweiligen Kommissars gehen. Die aber spielten bei der Entscheidung am Schluss ganz offensichtlich gar keine Rolle.

Brutaler Zweikampf

Denn was schon vor Beginn dieser Anhörungen feststand: Die Linken im EU-Parlament, angeführt von den Sozialdemokraten, wollten den Italiener Raffaele Fitto nicht als Vizepräsident der EU-Kommission akzeptieren. Dessen Partei, die Fratelli d’Italia, – also die von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni – ist ja im EU-Parlament Teil der rechtskonservativen ECR-Fraktion. Die ist für die Linken inakzeptabel, als Partner im EU-Parlament und auch in einem Spitzenposten in der Kommission.

Die Europäische Volkspartei EVP dagegen stellte sich hinter Fitto und nahm im Gegenzug die wichtigste Kandidatin der Sozialdemokraten ins Visier, die Spanierin Theresa Ribera. Die hatte man ebenfalls für einen Posten als Vizepräsidentin vorgesehen. Statt aber Ribera bei ihrer Anhörung vor dem Parlament auf ihre Kompetenzen zu prüfen, attackierten sie konservative Abgeordneten aus Spanien wegen ihres angeblichen Versagens bei der Hochwasserkatastrophe in ihrer Heimat. Es kam sogar zu wüsten Beschimpfungen.

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Am Schluss des Dramas folgte ein tagelanges Ringen hinter den Kulissen zwischen Sozialdemokraten und EVP und schließlich ein Kompromiss: Alle Kandidaten für die Kommission wurden abgenickt, also auch Fitto, Ribera und sogar der Orban-Vertraute Oliver Varhelyi als Kommissar für Tierschutz.

Für die EVP ein sehr brauchbarer Kompromiss, wie es etwa Reinhold Lopatka, EU-Abgeordneter der ÖVP, deutlich macht: „Ich bin froh, dass sich die Vernunft durchgesetzt.“ Für die Sozialdemokraten ein Kompromiss, den man hörbar missmutig hinnimmt. Als Teil der Rechtsaußen-Fraktion „Patrioten für Europa“ stimmt die FPÖ ohnehin gegen die neue Kommission. Ihre Abgeordneten wie Petra Steger sprechen von einer „Farce“, die mit Demokratie nichts zu tun habe.

Mit dieser Ansicht zumindest sind sie nicht weit weg von den Grünen, die, wie der Österreicher Thomas Waitz, ebenfalls großteils gegen die neue Kommission stimmen. Die EVP sei wohl entschlossen, sich von nun an „mit der Brechstange“ eine Mehrheit zu verschaffen. So sei eine positive Zusammenarbeit nicht möglich.

 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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