Lynchjustiz, Kämpfe und IS-Anschläge in Syrien

Politik

Zweifel an einer „neuen Rechtsstaatlichkeit“ durch Übergangsregierung.

Die Leiche ist nach wie vor an den Baum gefesselt. Aus dem Loch in der Stirn tropft Blut, Kinder treten und schlagen unter dem johlenden Beifall der Menge auf den leblosen Körper ein. Andere Jugendliche filmen das, stellen das Video später online.

Bei der Leiche soll es sich um Mazen Kneneh handeln, einen angeblichen Assad-Loyalisten, dessen Sicherheitsberichte „zur Verfolgung und Verhaftung vieler junger Männer“ geführt haben soll.

Assad-Vertrauter?

Gerüchten zufolge sei er der ehemalige Bürgermeister von Dummar, einem Vorort von Damaskus gewesen – ein Gerichtsverfahren, in dem dies hätte bestätigt werden können, hat nicht stattgefunden.

Eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Regierung sei es, „das Vertrauen der Menschen in die Rechtsstaatlichkeit und das Justizsystem des Landes wiederherzustellen“, ließ die neue Übergangsregierung um den Anführer der Terrororganisation Hayat Tahrir al Sham (HTS), Abu Muhammad al-Jolani, verlautbaren.

Die Hinrichtung ist nicht der einzige Fall von Lynchjustiz in Syrien, dessen neue Machthaber nach dem Sturz des Assad-Regimes „Gerechtigkeit für alle“ versprochen hatten.

Am Mittwoch ermordeten ausländische Kämpfer der HTS drei Bauern in der Provinz Latakia. Zehntausende Islamisten, vor allem aus Zentralasien, kämpfen seit Jahren für die HTS und ihre zahlreichen Untergruppen. Einige von ihnen können dem verhältnismäßig liberalen Kurs, den Jolanis zumindest international anschlägt, nicht viel abgewinnen. In Latakia wird regelmäßig Jagd auf Alawiten gemacht, die während der Assad-Zeit massiv profitiert hatten – und von denen nicht wenige im Sicherheits- und Geheimdienstapparat waren.

Trotz aller Verurteilungen Jolanis gegenüber willkürlichen Racheakten und dem Versprechen, Minderheiten in Syrien zu schützen, gelingt es offensichtlich nicht, die einander seit Jahrzehnten verfeindeten Bevölkerungsgruppen zu kontrollieren.

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Heftige Kämpfe

Zehntausende Regimegegner wurden gefoltert, waren jahrelang unter unwürdigen Bedingungen eingekerkert – ein guter Teil willkürlich. Die aktuellen Vorfälle zeigen jedoch, dass damit auch unter einer HTS-geführten Übergangsregierung nicht vorbei ist. Das ist bei Weitem nicht das einzige Problem, das dem Land dräut: Im Norden spitzt sich die Lage zwischen der von der Türkei unterstützten „Syrischen nationalen Armee (SNA)“ und den kurdisch dominierten „Syrischen Demokratischen Kräften (SDF)“ weiterhin zu, die türkischen Streitkräfte feuern regelmäßig mit Artillerie auf kurdisch kontrollierte Gebiete. Noch hat eine türkische Bodenoffensive nicht begonnen, die türkische Regierung beteuert, kein Interesse an einem Einmarsch zu haben. Wie rasch sich das ändern kann, haben Operationen in der Vergangenheit gezeigt.

IS erstarkt

Und auch die Terrormiliz „Islamischer Staat (IS)“ scheint langsam, aber sicher wieder zu erstarken. Die Dschihadisten führen vor allem östlich des Euphrat Anschläge durch. Einen IS-Anschlag auf einen schiitischen Schrein in Damaskus will die neue Regierung am Samstag verhindert haben.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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