Alle haben geurasst – und müssen nun Verzicht lernen

Kultur

Die Gruppe Tempora begeisterte in der Regie von Veronika Glatzner mit der heiteren Dystopie „Kill my Phantoms!“ im Otto-Wagner-Areal

Anselm Zuzumbest bemüht sich, auf keine Halme zu steigen. Und schließlich verwandelt er sich in eine Pflanze. Eine Begründung gibt Peter Daniel Wolfkind in seinem 1973 veröffentlichten Roman „Der grüne Zuzumbest“ nicht.

Der Grazer Autor kafkaesker wie fantastischer Erzählungen – unter seinem bürgerlichen Namen Peter Vujica war er jahrzehntelang Kulturredakteur – harrt längst einer Wiederentdeckung. Einstweilen erklärt Veronika Glatzner nachvollziehbar, warum sich in naher Zukunft immer mehr Menschen in Pflanzen verwandeln: Weil sich die Natur den Umgang mit ihr nicht länger gefallen lässt. Die Metamorphose beginnt schleichend – mit grünen Flecken auf der Haut. Die beste Möglichkeit, den „Übergang“ hinauszuzögern, dürfte eine „adaptive Lebensführung“ im Einklang mit der Natur sein.

Qualvoll und doch heiter

Ein noch junger Mann hat panische Angst, dass er, wie zuvor seine Eltern, befallen werden könnte und schreibt sich in eine Klinik auf der Baumgartner Höhe (Otto Wagner Areal) ein. Flugs sind die Zuschauer der Dystopie „Kill my Phantoms!“ mitten in einem ausgetüftelten Therapieprogramm: Birgit Stöger führt als strenge Leiterin durch das Institut, nebenbei lernt man etliche Klientinnen kennen. Sie alle haben geurasst – und müssen nun Verzicht lernen.

Apollonia T. Bitzan

Mühsames Verzicht-Lernen: Alice Peterhans als Ex-Influencerin

Unter den Läuterungswilligen, denen man in diesem exzellenten Simultandrama folgen kann, sticht besonders die Influencerin Angie der Schweizer Schauspielerin Alice Peterhans hervor: Sie packte vor laufender Kamera Werbepräsente aus, die ihr aus der ganzen Welt zugeschickt worden waren, und genoss dabei das kribbelnde Gefühl der Überraschung. Nun ist sie auf Entzug. Man leidet mit ihr mit, wenn sie ein Päckchen ungeöffnet entsorgen muss.

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In einem stringenten Setting in Krankenhausgrün und Rot (von Manuel Biedermann, Laura Malmberg, Paul Sturminger und Nina Samadi) gelingt der Gruppe Tempora unter der Regie von Veronika Glatzner ein hinreißender Abend, der – man glaubt es nicht – auch hoch komisch ist. Die letzte Vorstellung ist am 15. März. Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine Wiederaufnahme.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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