Der schrägste Roman der Saison

Kultur

In „Der Hund des Nordens“ schickt Elizabeth McKenzie ihre sozial unterbegabte Heldin quer durch Australien und die USA. Berührend und höchst merkwürdig

Irgendwann im Lauf dieses an grotesken Szenen reichen Romans steht Mittdreißigerin Penny, bekleidet mit nichts als dem muffigen Pelzmantel ihrer Großmutter, in einem leeren Haus in Texas und fühlt sich wie ein Bär. Ihre Kleidung ist in der Wäsche, vollgesogen mit Chili-Öl, eine lange Geschichte. Als dann plötzlich dieser Mann, von dem sie schon einige erotische Tagträume hatte, vor ihr steht, ist rein gar nichts sexy an dieser Szene. Penny bleibt nämlich gerne auf Distanz. Nur nicht zu Problemen.

Die Geschichte von Penny Rush und einem Wohnmobil namens „Der Hund des Nordens“ ist eines der lustigsten, rührendesten und schrägsten Bücher der Saison. US-Autorin Elizabeth McKenzie erzählt darin von einer liebenswürdigen, aber notorisch unvorsichtigen Frau, die sich um alle kümmert, nur nicht um die, die sich gern um sie kümmern würden.

Der fresssüchtige Burt

Penny, ebenso verloren wie vertrauensselig, hat gerade kein Zuhause. Ihre Eltern sind vor fünf Jahren im australischen Busch verschwunden, ihren Job als Sprechstundenhilfe hat sie soeben gekündigt und ihren Mann Sherman verlassen – er hat sie betrogen, sie hat den Tanga der anderen in der Schmutzwäsche gefunden. Jetzt ist Penny unterwegs nach Santa Barbara. Ein an sich netter Kerl namens Burt, fresssüchtiger Besitzer des oben genannten Wohnmobils, eines Magengeschwürs und jeder Menge weiterer Herausforderungen, hat sich als Steuerberater ihrer Großmutter ausgegeben und Penny um Hilfe gebeten. Denn diese Großmutter, eine pensionierte Ärztin namens Dr. Pincer, ist ein Messie und hat einen Haufen Steuerschulden. Was sich noch als geringstes Problem herausstellen wird. Bald werden menschliche Überreste in ihrem Garten gefunden. Die Frau pflegte verflossene Liebhaber zu sezieren.

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Der Rennkuckuck

Das weiß Penny aber noch nicht, als sie das alte Miststück zum All-You-Can-Eat-Buffet führt. Im Laufe dieser Fahrt sticht die ewig unzufriedene Oma ihrer Enkelin mit einer Brosche in Form eines Rennkuckucks in den Oberschenkel.

Die Brosche ist wahrscheinlich mit Rattendreck beschmutzt, weswegen sich die Enkelin eine schwere Infektion zuzieht, was der Großmutter egal ist und die Enkelin nicht daran hindert, anschließend mit dem halb kaputten Bein und ihrem 93-jährigen Großvater quer durch Australien zu fahren.

So weit die Ausgangslage. Es wird zu weiteren Komplikationen kommen. Elizabeth McKenzie hat ein unglaubliches Arsenal an Figuren, jede davon wäre einen eigenen Roman wert.

Toupet im Hundekorb

Allen voran Burt, der die Rippchen von Babe’s Barbecue mehr liebt, als ihm guttut. Weiters liebt er seinen Hund Quetschie, der eigentlich Quichotte heißt, aber das kann hier keiner aussprechen. Burt hat außerdem ein Toupet, das er angeblich mit seinem Bruder teilt. Wenn der Bruder das Toupet hat, sieht Burt 20 Jahre älter aus, findet er. Trotzdem landet das Ding irgendwann im Hundekorb, wo sich Quetschie ein Nest damit baut.

McKenzies fantastische Erzählfreude beschränkt sich aber nicht auf einzelne Figuren oder Szenen. Ihr gelingt eine überzeugende Familiengeschichte, die als Reise von Santa Barbara nach Australien und über Texas zurück nach Kalifornien führt – ein Kalifornien, in dem das Leben von Reich und Schön auf jenes derer …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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