Dirigent Honeck: „Manche Orchester können sich keine Tourneen mehr leisten“

Kultur

Der österreichische Dirigent eröffnet mit seiner Pittsburgh Symphony die Saison im Wiener Konzerthaus.

Von Susanne Zobl

Der Auftakt zur Spielzeit im Wiener Konzerthaus am Samstag (7. 9.) ist die letzte Station der Tournee des Pittsburgh Symphony Orchestra. Auf dem Programm: John Adams, Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert mit Anne-Sophie Mutter und Gustav Mahlers 1. Symphonie. Der KURIER erreichte zuvor Chefdirigenten Manfred Honeck zum Gespräch über die Notwendigkeit von Musikunterricht, das Ringen um Sponsoren und die einigende Kraft der Musik. 

Maestro, seit 2008 sind Sie Chefdirigent des Pittsburgh Symphony Orchestra. Immer wieder wird von der bedrohlichen Situation für Orchester in den USA berichtet. Wie besorgniserregend ist die Situation wirklich?

Manfred Honeck: Diese Aufs und Abs gibt es überall. Wir haben die Covid- Zeit erlebt und überlebt. Es gibt tatsächlich noch ein paar Baustellen, aber viele Orchester haben sich erholt. Viel wichtiger ist die Frage, wie die klassische Musik generell in Amerika angenommen wird. Das hängt natürlich auch von der Erziehung ab. Man muss wissen, dass in Amerika in den öffentlichen Schulen kaum Musik unterrichtet wird. Dadurch haben viele Menschen keinen Zugang zur klassischen Musik. Das schlägt sich natürlich auch auf den Besuch der Konzerte nieder. Es ist den Veranstaltern bewusst geworden, dass sie sich viel mehr um Education bemühen müssen als sie es früher getan haben. Es ist ein großes Anliegen, dass Kinder klassische Musik hören, wenn nicht im Elternhaus, dann doch in den Institutionen.

Das Problem in den Schulen haben wir in Österreich auch? 

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Das Entscheidende ist, wie komme ich mit Musik in Berührung? Dass ich einmal eine Beethoven-Sinfonie höre, heißt noch nicht, dass ich die Musik verstehe und auch lieben gelernt habe. Am besten ist es, wenn man in der Familie musiziert oder selber ein Instrument lernt. Österreich ist das Musikland, wo wunderbare Komponisten ihre Werke geschrieben haben. Da gilt es, sich um diese  Tradition zu kümmern, dass die Politik weiß, wir müssen diese Schätze pflegen. Musik ist mehr als eine Show, die man einmal anschaut und dann nach Hause geht. Musik prägt einen Menschen. Mir hat jemand geschrieben, dass er nach seiner Rückkehr in Amerika noch immer etwas aus der Fünften Mahler nachpfeift, die er zwei Tage zuvor bei uns in Salzburg gehört hat. Musik berührt das Herz und weckt Emotionen. Sie bewegt etwas in einem Menschen. Musik ist eine Sprache, die jeder versteht, ob man in Japan, in Amerika oder in Afrika aufgewachsen ist. Würde jeder Mensch Musik machen, sähe die Welt anders aus.

Als ich darüber einmal mit Nikolaus Harnoncourt sprach, sagte er, ich solle an die Nazis denken. Die ermordeten am Vormittag Menschen, am Abend spielten sie Bach.

Da hat er Recht. Bei den Nazis wurde Menschlichkeit zur Unmenschlichkeit. Aber in der Regel bringt einen Musik in andere Sphären. Wie könnte es denn sonst sein, dass ich, wenn ich Bruckner höre, der spirituell veranlagt ist, aber auch Beethoven, Mozart oder Mahler, wo die tiefsten Tiefen des Lebens erklingen, darüber nachdenke, warum mich das so erschüttert? Dann ist da auch diese Hoffnung, dieser Blick nach oben. Ich kann …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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