Donaufestival Krems: Schweißen und Flexen mit Metal und Noise

Kultur

Am Eröffnungsabend wurde in Krems viel Lärm gemacht. The Jesus and Mary Chain gaben sich hingegen fast sanft

Das Donaufestival hat es seit jeher schwer. Es ist ein Alien in Krems. Thomas Edlinger, der Intendant, trägt auch das Seine dazu bei. Mit viel Wortgeklingel hat er das diesjährige Motto begründet: „Communities of Aliens“ frage „nach planetarischen Allianzen, die der Renaissance von imperialer Gewalt und der neuen politischen Unversöhnlichkeiten etwas entgegensetzen können“. Das Festival suche „nach Figuren des Übergangs, die zwischen toxischen Vergangenheiten und ungeahnten Zukünften vermitteln könnten“. Nach vielen in die Schlacht geworfenen Schlagwörtern kam Edlinger auf die schottische Band „The Jesus and Mary Chain“, die 1985 mit ihrem Debüt „Psychocandy“ – liebliche Melodien, verzerrte Gitarren, mächtige Geräuschgewitter – das Rad der Popmusik um einen Tick weiterdrehte.

In den Brüdern William und Jim Reid, die eine toxische Beziehung pflegen, „Figuren des Übergangs“ zu sehen, ist gewagt. Aber immerhin: Sie gaben am Eröffnungsabend einen passablen Headliner ab – vornehmlich für Menschen jenseits der 50. Und Aliens waren ohnedies alle, die am Freitag zur großen Messe des kunstvollen Noise ins Messegelände pilgerten. Jedenfalls für jene, die nebenan ihre Regionalliga-Mannschaft gegen Draßburg anfeuerten. Was sich schon bald zeigte: Die Fußballfans hatten trotz eisiger Temperaturen und Nieselregen mehr Spaß – und wahrscheinlich mehr Bier. Denn das Catering beim Donaufestival ist ob der extrem langen Warterei eine Zumutung, die zur Konsumationsverweigerung bekehrt.

Ein Funkenregen

Am Platz fielen die Tore, in den Messehallen ging es zunächst spröde zu. Das Team um Eve Stainton, geboren in Manchester, schweißte in einem mit dunkler Plastikfolie verhüllten Quader an zwei Werktischen. Es brutzelte und gloste. Dann wurde geflext, die Funken sprühten.

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Lang fragte man sich, was denn da entsteht. Aha, eckige S-Haken, die sich zu einer Kette verbinden lassen! Einer der fünf Schweißer-Menschen mutiert zum Gitarristen, der es schön krachen lässt. Die anderen vier, mit ihren Schutzhelmen und Cowboy-Versatzstücken coole Gestalten, bestreiten dann die rüde Choreografie „Impact Driver“. Die eine oder der andere wird an der Kette durch den Raum geschleift, es kreuzen sich die Bahnen der Paare, und nach einer Stunde verhaken sich auch die Menschenleiber.

David Visnjic / donaufestival

Es brutzelte und gloste, dann wurde geflext, die Funken sprühten: „Impact Driver“

Andernorts kombinierten Eglė Budvytytė und Marija Olšauskaitė eine zerhackte Elektronik-Sound-Collage mit einer Performance auf einem aus drei Trampolinen verschmolzenen Tanzboden. Zwei Tänzerinnen und Tomislav Feller (in einem Kettenhemd aus Sicherheitsnadeln) erwachen, wälzen sich in die Mitte, es folgen Berührungen. „Song Sing Soil“ – ohne einen einzigen Sprung! – sollte nach fast hymnischen Klängen traumverloren in der Stille enden. Was die grölenden Fußballfans aber torpedierten.

Eine Teufelsaustreibung

Bei Maria Chavez, Mariam Rezaei und Victoria Shen war von den Jubelgesängen über den Sieg nichts zu vernehmen: Die drei Frauen machten beim Scratchen mit selbst gebastelten Tonabnahme-Geräten einfach zu viel rhythmisierten Krach. Die Ankündigung versprach nicht zu viel: „Es knistert, knirscht, kratzt, birst, brutzelt und brennt.“ Diese Kunst nennt sich „Turntablism“. Muss man mögen. Wie auch die junge Doom Metal Band EARES aus Wien: „Es rattert, bollert, peitscht, grunzt und dröhnt“, liest man im Programmheft. Frontfrau Karolina Preuschl kauerte zu …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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