„Elektra – the Show must go on“: Grellgelbe Psychonummer zwischen „fresh“ und banal

Kultur

In Felix Krakaus Klassiker-Überschreibung im Volkstheater in den Bezirken man spricht viel über Gefühle. „Total schön, wie du dich geöffnet hast.“

Die Story wäre per se spektakulär genug: Der Vater will die älteste Tochter töten, dafür bringt ihn dann die Mutter um. Was wiederrum die Kinder in Rage bringt, die sich ihrerseits rächen wollen. Euripedes’ „Elektra“ hat  durchaus Potenzial, auch heute noch mehr als einen Hund hinter dem Ofen hervorzulocken. Trotzdem geht natürlich nichts ohne Überschreibung, was nun auch der 1990 in Hamburg geborene Autor und Regisseur Felix Krakau  für das Volkstheater in den Außenbezirken getan hat.  

Neben Euripides will er sich erklärtermaßen „ein bisschen“ an  Hofmannsthal und Sophokles bedient haben. Außerdem wohl auch  am deutschen Privatfernsehen. Die Geschwistertragödie bekommt RTL-Unterstützung, das Familientrauma um Vater Agamemnon wird verkauft wie  bei  einem Shoppingkanal;  auch  Talkshows von Stefan Raab bis Bärbel Schäfer lassen grüßen, allerdings in jüngeren Ausgaben:  hier sind alle unter dreißig, man spricht viel über Gefühle. „Total schön, wie du dich geöffnet hast“.  
Generell redet man hier zu viel. Wenn Originaltext im Spiel ist, noch dazu gekonnt im Chor gesprochen, bekommt der Abend neben Witz auch noch Atmosphäre, dann wird dieser „Gassenhauer der Antike“ überzeugend „fresh.“ Samt Showeinlagen, schließlich heißt das Stück ja „Elektra – the Show must go on.“ Wenn Elektra (eindrucksvoll: Isabella Knöll) Amy Winehouse singt, und zwar den  Song von der Entzugsanstalt, dann passt das gar nicht schlecht hierher, denn sie kann ihre „Psychonummer“, wie die Geschwister sagen, nicht und nicht aufgeben, während Bruder Orest (Til Schindler) „einfach seine Ruhe“ will.

  Dirigentin Mirga Gražinyte-Tyla brachte Klänge aus ihrer Heimat in den Musikverein

Das  Mauerblümchen unter den Geschwistern Chrysothemis, hier „Chrissy“ (Alina Schaller), leidet indes unter den dominanten Geschwistern, die literaturgeschichtlich verewigt wurden, während sie Randnotiz blieb. 
Derartige Banalitäten sind es auch, die den Abend an Tempo nehmen, auch weil sich das Geschehen ab da ins Publikum verlagert, das, während man ihm ins Genick brüllt, auf dem Handy die Uhrzeit kontrolliert. 
Schade, denn stellenweise gelingt hier doch großes Kino. Die bescheidenen Mittel einer klassischen Wiener  Volkshochschulbühne  werden schlau genutzt: Ausstatterin Jenny Theisen hat tragbare Säulen erfunden, mit denen sich die Bühne leicht verändern lässt, Max Windisch-Spoerk bringt  mit grellgelbem Licht und intensivem Sound Drama in diesen holzgetäfelten Veranstaltungssaal.  

KURIER-Wertung: Drei von fünf Sternen

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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