Lars Eidinger und Anna Prohaska: Wenn Poesie und Musik verschmelzen

Kultur

Lars Eidinger und Anna Prohaska als Hamlet und Ophelia – ein Ereignis im Wiener Konzerthaus.

Von Susanne Zobl

Der Schauspieler Lars Eidinger hat bereits während des Einlasses seinen Platz an einem hell erleuchteten Schminktisch auf dem Podium eingenommen. Mit dem Rücken sitzt er abgewandt zum Publikum. Das Licht verlischt. Dann steht er plötzlich da im Strahl eines Scheinwerfers, die Hände bleiben in den langen Ärmeln seines Oversize-Anzugs verborgen. Unvermittelt erhebt er seine jugendliche Stimme und wenn er diesen berühmten Monolog aus Shakespeares „Hamlet“, „Sein oder Nichtsein“, anstimmt, ist es, als stünde die Zeit für einen Moment still. Ein zarter Hauch von Pathos weicht einer ernüchternden Klarheit, macht das über die Jahrhunderte Gültige dieser Zeilen bewusst. Soll man die harten Schläge ertragen oder dagegen die Waffen erheben? Eidinger ist da nicht nur dieser Prinz aus Dänemark, er ist ein junger Mensch, der sich und seine Existenz in Frage stellt. Mit der Sopranistin Anna Prohaska lässt er den mit „Hamlet und Ophelia“ betitelten Abend, den Eric Schneider am Klavier unaufdringlich begleitet, zum Ereignis werden. Mit Verve tritt Prohaska auf, intoniert betörend mit der gezügelten Kraft ihres Soprans Johannes Brahms‘ „Ophelia-Lieder“. Eidinger setzt mit dem Dialog zwischen Ophelia und Hamlet fort. Er spricht beide Rollen, holt auch hier Shakespeare in die Gegenwart. Der Pas-de-Deux des Schauspielers und der Sängerin lässt Wort und Musik zu einer Einheit verschmelzen. Eidingers Sprache wird zur Musik und Prohaskas Gesang zur Poesie. Er rezitiert Texte aus Heiner Müllers „Hamletmaschine“, am Ende aus dessen „Hier spricht Elektra“, Gedichte von Georg Heym und Georg Trakl. Sie changiert in Liedern von Richard Strauss, Mendelssohn Bartholdy, Schubert, Schumann und Berlioz zwischen wundersamer Innigkeit und verstörender, vokaler Sinnlichkeit. Bei Hugo Wolf und Kurt Weill ist sie ganz in ihrem Element. Wenn sie mit John Dowland den Kreis zu Shakespeare schließt, agiert sie im Einklang mit Eidinger. So, wie er Shakespeare zu Beginn, führt sie das Lied dessen Zeitgenossen, „Sorrow, stay“ aus dem Jahr 1600 in die Gegenwart. Eine Pointe, die Zugabe Kurt Weills „Liebeslied“ aus der „Dreigroschenoper“. Viel Applaus für diesen ereignishaften Abend.KURIER-Wertung:5 Sterne
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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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