Secession: „Krauthappel“ hat eine Frisur aus schwarzen Strümpfen

Kultur

Künstlerin Susana Pilar kleidete Kuppel ein: Hintergrund ist das Anliegen, schwarzen Frauen Sichtbarkeit zu verschaffen

Die Intervention heißt „Statement“ und ist nicht ganz so sichtbar wie die schwarze Wollmütze, die der Künstler Marcus Geiger 1992 auf die 2500 eisernen Lorbeerblätter setzte. Sie ist wohl auch nicht so ganz so kontroversiell wie die 1998 ausgeführte Aktion, bei der derselbe Künstler das ganze Gebäude rot anstreichen ließ.

Ein sichtbares Zeichen ist es doch: Jedes einzelne Blatt an der Kuppel der Secession wurde in einen blickdichten schwarzen Strumpf (exakter: eine abgeschnittene Strumpfhose) gehüllt, die dann verknotet wurde, um an „Bantu Knots“, eine in Südafrika übliche Haartracht, zu erinnern.

© Oliver OttenschlägerWir tragen es lockig

Hinter der Aktion, der ein langfristiger Test mit einem Einzelstrumpf sowie eine Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt vorausging, steht die aus Kuba gebürtige Künstlerin Susana Pilar Delahante Matienzo.

In ihrer Arbeit geht es immer wieder um die Sichtbarkeit von schwarzen Frauen – und um den Symbolgehalt von Frisuren. Dass die Haartracht Anpassung wie auch Widerstand signalisieren kann und ein unmissverständliches Zeichen dafür ist, wie man mit seiner Identität umgeht, ist in der afrodiasporischen Gemeinde ein Thema von besonderer Brisanz.

„Lo llevamos rizo“ („Wir tragen’s lockig“) hieß ein von der Künstlerin mitbegründetes Kollektiv in Havanna, das 2015 einen Wettbewerb für natürliches Afro-Haar ausrichtete, der seither im ganzen Land stattfindet.

Richtig aktiviert soll das Afro-Krauthappel der Secession am Donnerstag (20. 6.) werden, wenn Susana Pilar direkt unter der Installation eine Performance ausführt (20 Uhr). Der Bereich unter der Kuppel ist für Publikum nicht zugänglich, die Aktion wird aber in Ausstellungsraum und Garten übertragen.

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Künstlerin Susana Pilar (re.) am Dach der Secession

Videos davon sollen in Folge in der Schau zu sehen sein, die bis 8. 9. im Grafischen Kabinett der Secession aufgebaut ist: Unter dem Titel „Achievement“ (Errungenschaft) hat die Künstlerin hier aus alten Kästen und Fotografien ein „Archiv“ gebaut: Die gezeigten Bilder, die scheinbar aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert stammen und Schwarze teils in repräsentativen Posen zeigen, sind in Wirklichkeit Konstrukte, die mithilfe Künstlicher Intelligenz generiert wurden.

Wir kreieren Geschichte

Dass die Ausgangslage für die Sichtbarkeit Schwarzer auch in der Digitalkultur schlecht ist, ist keine neue Erkenntnis: Da historische Fotos, die als Trainingsmaterial für KI-Bildgeneratoren dienen, eher Weiße in repräsentativen Situationen zeigen, ist eine Schräglage in die KI-Bilderwelt schon vorab eingebaut.

Versuche, dies durch Programmierung in den Griff zu bekommen, führten bei Googles AI „Gemini“ zuletzt zu skurrilen Ergebnissen. Susana Pilars klar als Kunst ausgeschilderte Alternativ-Geschichten erinnern dagegen daran, dass Bewusstsein nicht nur durch Technik, sondern auch durch Poesie geformt werden kann. 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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