Tijan Sila gewann mit Tragikomik den Bachmannpreis 2024

Kultur

Johanna Sebauers Text „Das Gurkerl“ wurde mit den 3SAT-Preis sowie dem Publikumspreis ausgezeichnet

Die 48. Tage der Deutschsprachigen Literatur waren von Ferdinand Schmalz und seiner Reverenz vor Texten, die ein „lustvolles Nichtverstehen“ auslösen, eröffnet worden. Gewonnen hat letztlich ein Text, den alle verstehen.

Der in Deutschland lebende, aus Bosnien-Herzegowina stammende Autor Tijan Sila wurde Sonntagvormittag mit dem mit 25.000 Euro dotierten Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. In seiner Geschichte „Vom Tag, als meine Mutter verrückt wurde“ erzählt er davon, wie er mit seinen Eltern vor dem Krieg in Jugoslawien nach Deutschland flüchtete, wo die akademischen Titel der Eltern nichts wert waren und beide arbeitslos wurden. Den Sohn verachten sie allerdings, weil er „nur“ Lehrer war. Der tragikomische Text gehörte von Beginn an zu den Favoriten des Wettbewerbs und rief in der Jury einhellige Begeisterung hervor. Juror Philipp Tingler, auf dessen Einladung Tijan Sila am Wettbewerb teilnahm, hob in seiner Laudatio Silas „Ton unsentimentaler Lakonie“ und seinen „einzigartigen Stil in einer Mischung aus Pointiertheit, Tragikomik und Melancholie“ hervor. Der Text ist Teil von Tijan Silas aktuellem Romanprojekt. Der Roman wird 2026 im Verlag Hanser Berlin erscheinen und knüpft thematisch an den 2023 erschienenen Roman „Radio Sarajevo“ an.

Semmeln niemals ohne

Den 3SAT-Preis heimste die Österreicherin Johanna Sebauer ein. Sie hatte sich mit ihrem Text „Das Gurkerl“ vorgenommen, dem Essiggurkerl, ähnlich Prousts Biskuitgebäck Madelaine, eine adäquate Repräsentanz in der Literatur zu verschaffen. Das ist gelungen. Erstmals dominierten ein Gurkerl und die Frage, ob man Wurstsemmeln überhaupt ohne diese essen kann, eine Literaturdebatte. Sebauer, Jahrgang 1988, arbeitet hauptberuflich in der Wissenschaftskommunikation und wurde 2023 mit ihrem erfrischenden Alternativ-Heimatroman „Nincshof“ über ein Dorf, das vergessen werden möchte, bekannt. Ihr Text „Das Gurkerl“ war von Juryvorsitzendem Klaus Kastberger vorgeschlagen worden. Ein Wagnis, denn humorvolle Texte sind in Klagenfurt selten. Seine Rechnung ging auf. Die Jury war sich einig in der positiven Bewertung. „Literatur kann unterhaltsam und dennoch bedeutsam sein“, so Kastberger über den Text, in dem anhand eines Streits über Essiggurkerln Eskalationsmechanismen in den Medien beschrieben werden. Sebauers humorvoller Beitrag begeisterte auch außerhalb der Jury: Sie gewann ebenso den Publikumspreis, über den im Internet abgestimmt worden war. Die Entscheidung für den 3SAT-Preis war in einer Stichwahl zwischen Sebauer und Tamara Stajner gefallen, die schließlich den Kelag-Preis gewann. Die slowenische, in Wien lebende Autorin und Musikerin begeisterte mit ihrem Text „Luft nach unten“.

  Diversität und Nestroy sind kompatibel: "Das Mädl aus der Vorstadt“ in Schwechat

Weiters vergeben wurde der Deutschlandfunk-Preis. Er ging an den deutschen Autor Denis Pfabe. Auch sein Beitrag „Die Möglichkeit einer Ordnung“ brachte ein ungewöhnliches Diskussionsobjekt in die Klagenfurter Literaturrunde: den Baumarkt. Jury-Chef Kastberger bekannte: „Ich hasse Baumärkte“ – was zu einer nicht alltäglichen Headline für den Bachmannpreis führte.

…read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.