Verdis “Otello“ in Venedig: Diesmal sollte die Oper Jago heißen

Kultur

Verdis “Otello” ist szenisch und musikalisch am Teatro la Fenice ungemein packend.

Von Helmut Christian Mayer

Es ist beinahe unerträglich, beobachten zu müssen, wie er das Gift der Eifersucht in das Bewusstsein des Titelhelden subtil und gemein hineinträufelt: Luca Micheletti als Jago ist eine Klasse für sich, denn er singt diesen nicht nur mit kraftvollem, kernigem Bariton, sondern vermag auch mit raffiniert dämonischer Schauspielkunst, den Otello einzuwickeln. Der Italiener, er ist auch ein ausgebildeter Schauspieler und Regisseur, steht bei der Neuproduktion von Giuseppe Verdis „Otello“ am Teatro La Fenice in Venedig als Strippenzieher im Mittelpunkt. Niederschmetternd ist sein „Credo“, bei jenem nihilistischen Gesang, stellt er seine ganze intrigantische Bösartigkeit zur Schau. Diesmal sollte die Oper wirklich “Jago” heißen.Bei der „Inaugurazione“ der neuen Saison, die wegen eines Streiks aufs Wochenende verschoben werden musste, umranken beim erstmaligen Aufkommen der Eifersuchtsgefühle den Otello mehrere kriechende, silbergraue Schlangen, von Balletttänzerinnen gespielt, die dann wie die bösen Gedanken immer mehr vom diesem Besitz ergreifen. Regisseur Fabio Ceresa weiß aber auch sonst mit einer schlüssigen Personenführung, vielen Ideen und Symbolen zu packen und auch mit sehr ästhetisch arrangierten Bildern zu überzeugen.Michele CroseraPhoto (c) Michele CroseraGroße Szene.Michele CroseraReich an Symbolen ist auch das ästhetische, wegen des übermäßigen Goldes doch etwas zu prunkvoll und zu überladen geratene Bühnenbild von Massimo Checchetto. Auf einer reich verzierten Fassade eines Palazzo öffnen sich immer wieder drei Elemente, hinter denen unterschiedliche, stilisierte Projektionen gezeigt werden. Dominant ist auf der Fassade, die fast wie ein Altarbild wirkt, ein Löwe, der für den Titelhelden steht, auszumachen. Dieser wird auch von einem Balletttänzer zum Leben erweckt und später von Jago geköpft. Prunkvoll sind auch die Kostüme (Claudia Pernigotti).Dass das meisterliche Spätwerk Verdis aber auch musikalisch zündet, dafür sorgt der Mann am Pult: Wie schon öfters hier kann Myung-Whun Chung auch diesmal mit packendem Zugriff das Orchester des Teatro la Fenice zu extrem aufregendem wie auch detailreichem Musizieren animieren und erzeugt so immer wieder eine emotionale Siedehitze. Er kostet dabei sowohl die dramatischen Ausbrüche wie auch die lyrischen Phasen ausgiebig aus, wobei er die Sänger aber nie zudeckt.Michele CroseraPhoto (c) Michele CroseraPrunkvolle Bilder.Michele CroseraFrancesco Meli führt bei seinem Rollendebüt den eifersüchtigen Titelhelden darstellerisch etwas zurückhaltend vor, der aber die Partie stimmlich kraftvoll mit allen ungefährdeten Spitzentönen bewältigt. Karah Son ist eine sehr berührende, fast mädchenhafte Desdemona. Wunderbar hört man auch Francesco Marsiglia als Cassio und die vielen kleineren Rollen. Stimmgewaltig vernimmt man den bewegungsfreudigen Chor des Hauses.Großer Jubel!

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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