Das Gutachten, das zur Anzeige gegen Gewessler geführt hat

Politik

Der Verfassungsdienst hält auf neun Seiten fest, warum sich die Ministerin an die Vorgabe der Bundesländer hätte halten müssen.

Es ist der schwerste Vorwurf, den man einer auf die Bundesverfassung vereidigten Ministerin machen kann: Sie hat genau diese Verfassung gebrochen – und zwar mit Vorsatz, also wissentlich.

Für Bundeskanzler Karl Nehammer und die ÖVP ist seit Tagen klar, dass Umweltministerin Leonore Gewessler quasi mit Ansage und Anlauf ihre Befugnisse missbraucht hat, indem sie am Montag in Brüssel für das EU-Renaturierungsgesetz stimmte. Ihr war völlig klar, so heißt es, dass sie das nicht hätte tun dürfen. Und deshalb griff die Volkspartei zum Äußersten und brachte Strafanzeige gegen eine Ministerin des Koalitionspartners ein (Details siehe hier).

Was hat den Regierungschef eigentlich so sicher gemacht, dass er nicht irrt? 

Was ist die Basis für diesen beispiellosen Schritt – immerhin brachte Gewessler vier verschiedene Rechtsgutachten vor, die ihre Position untermauerten.

Im Kern stützt sich Nehammer auf ein Dokument, das nun auch online verfügbar ist. Der Verfassungsdienst der Republik, eine dem Kanzleramt untergeordnete Sektion, die in manchen Fällen auch als Anwalt der Regierung agiert, hat eine „Information für den Bundeskanzler“ verfasst, in der man all jene Rechtsgutachten bewertet, die Gewessler seit Sonntag verwendet, um ihre Zustimmung für das EU-Gesetz zu rechtfertigen.

Vereinfacht gesagt hat Gewessler unter anderem argumentiert, dass das Ausschwenken der Länder Wien und Kärnten, die dem EU-Renaturierungsgesetz nun doch positiv gegenüberstehen, keine einheitliche Linie der Länder und damit keine Bindung von ihr als Ministerin gegeben war.

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Dem hält der Verfassungsdienst entgegen, dass die Landeshauptleute-Konferenz noch am 3. April 2024 einen Beschluss gefasst hat, „der die ablehnende Haltung der Länder zur gegenständlichen Verordnung bekräftigt hat.“ Dieser Beschluss bleibe, befundet der Verfassungsdienst, in drei der vier von Gewessler vorgebrachten Gutachten „gänzlich unerwähnt“. 

Zwingende Gründe 

Ein anderer, juristisch spannender Punkt ist dieser: Gewessler kann in bestimmten Fällen die einheitliche, sie eigentlich bindende Stellungnahme der Länder abweichen. Und zwar dann, wenn es „zwingende außen- und integrationspolitische Gründe“ dafür gibt.

Allerdings hat sich Ministerin Gewessler nie auf diese Gründe berufen, um zu erklären, warum sie sich nicht mehr an die Vorgabe der Bundesländer hält. 

Zusammengefasst kommen die Mitarbeiter des Verfassungsdienstes daher zu dem Schluss, dass „die Gutachten nichts daran ändern, dass die bestehende einheitliche Stellungnahme der Länder weiterhin Wirkung entfaltet und den Bund (in dem Fall Gewessler, Anm.) bindet.“ 

Dem nicht genug hätte sich die Grüne Ressortchefin auch mit dem Landwirtschaftsminister abstimmen bzw. mit ihm „Einvernehmen“ herstellen müssen, weil durch das Renaturierungsgesetz auch Fragen des Forst- und Wasserrechts und damit Themen betroffen sind, die in die Kompetenz des Landwirtschaftsministeriums fallen. 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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