In Deutschland wird jeden zweiten Tag ein Politiker tätlich angegriffen

Politik

Der Überfall auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Sachsen ist der brutalste Höhepunkt einer Serie: Allein 2023 gab es 2.790 verbale und körperliche Attacken auf Politiker – am stärksten betroffen sind Grüne und AfD.

„Wenn es ihn trifft, kann es jeden treffen. Es gibt keine Grenzen mehr“, schreibt die Zeit. Die Frankfurter Rundschau spricht davon, dass „Pöbeln, Bedrohen und Zuschlagen“ immer öfter die verbale Auseinandersetzung ersetze. Die Empörung nach der Attacke auf Matthias Ecke, den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, ist groß: Zeigt der Angriff, bei dem mehrere vermummte Jugendliche den 41-Jährigen spitalsreif prügelten, dass der politische Diskurs in Deutschland tatsächlich mehr und mehr verroht? 

Wirft man einen Blick auf die Zahlen, scheint das zu stimmen. Die Attacke auf Ecke, der in Sachsen weder mit Polemiken noch mit verbalen Untergriffen von sich reden machte, sondern im Gegenteil als ein zurückhaltender, fast unauffälliger Mensch gilt, ist nur die letzte in einer Reihe an Angriffen auf Politiker. Allein im vergangenen Jahr zählte die Exekutive in Summe 2.790 Fälle politisch motivierter Kriminalität, also Übergriffe auf Politiker. Darunter fallen freilich auch viele weniger schwere Delikte wie Verleumdung oder Beleidigung, aber Gewaltdelikte allein wurden 209 gezählt – zumindest jeden zweiten Tag wird also jemand körperlich attackiert.

Zielscheibe sind dabei beileibe nicht nur Politiker spezieller Parteien, die Attacken ziehen sich durch alle Couleurs. Allerdings trifft es die Grünen und die AfD Parteien überproportional oft: Im Vorjahr wurden 86 Gewaltdelikte auf AfD-Politiker  verübt, 62 auf Grünen-Mitglieder; im Jahr davor war die Reihung genau umgekehrt.

  COFAG-Ausschuss: Benko wird am Mittwoch vorgeführt

Daraus speist sich freilich auch die Frage der politischen Überzeugungen der Täter. Eine „Ecke“, aus der die Täter hauptsächlich kommen, gibt es nicht; Neonazi-Attacken auf Grüne-Politiker sind ebenso dabei wie Linksextreme, die AfD-Politiker angreifen – und eben auch „erlebnisorientierte Jugendliche“ wie im Fall von Ecke; dieser Begriff hat sich in den deutschen Diskurs für Vandalen eingeschlichen, die offenbar nur aus Spaß an der Gewalt handeln. Dazu kommt, dass Rechtsextreme nicht nur SPD, Linkspartei und Grüne attackieren: 2015 schmiss der Tröglitzer Bürgermeister Markus Nierth hin, weil NPD-Mitglieder sein Haus belagert hatten – er ist parteiloser Theologe. 2019 ermordete ein Neonazi den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke – er war CDUler.

Wer hat Schuld?

Der verschärfte Diskurs von rechts sei es auch, der die Lage so eskalieren lässt, sagen darum viele Kommentatoren. Spätestens die AfD  habe den politischen Diskurs derart mit Gewaltrhetorik angereichert, dass der Sprung zu echten Taten nun ein kleinerer sei, schlussfolgert etwa das Handelsblatt. „Das erinnert an düstere Kapitel unserer Geschichte, als Nazi-Schlägertrupps politische Gegner erbarmungslos verfolgten“, heißt es. 

Erinnert wird in diesem Kontext etwa an ein Zitat von AfD-Ehrenvorsitzendem Alexander Gauland: Er sagte 2017 nach der Bundestagswahl an: „Wir werden sie jagen. Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen. Und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“ Im Publikum wurde damals gejohlt. 

…read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.