Nach Höchstgerichtsurteil: Ist ein US-Präsident „König über dem Gesetz“?

Politik

Nachdem der Supreme Court faktisch Trumps Immunität aufgehoben hat, fürchten Kritiker eine „feudale Machtfülle“ für künftige Präsidenten.

Nach dem historischen Urteil des Obersten Gerichtshofes in Washington wächst in Amerika die Angst vor einem „Todesstoß“ für die Demokratie und einer fast „feudalen Machtfülle“ künftiger Präsidenten – von denen der nächste wieder Trump heißen könnte.

Worum es geht: Trump hatte im laufenden Verfahren wegen des von ihm angeheizten Sturms auf das Kapitol im Jänner 2021 das Höchstgericht angerufen. Am Montag entschied die aus sechs konservativen Richtern bestehende Mehrheit am Supreme Court dann, dass kein US-Präsident für seine im Amt ausgeübten Tätigkeiten strafrechtlich belangt werden kann.

Sonya Sotomayor, eine von drei liberalen Richterinnen, die das Urteil ablehnte, schrieb in ihrer vernichtend formulierten Minderheitsmeinung, dass der Präsident künftig ein „König über dem Gesetz“ sei. Ihren Kollegen warf sie vor, für Trump auf „nicht zu rechtfertigende“ Weise eine strafrechtliche Immunität geradezu „erfunden“ zu haben.

Mit Kopfschütteln reagierte auch US-Präsident Joe Biden bei einem Aufritt im Weißen Haus: „Es gibt keine Grenzen mehr für das, was ein Präsident tun kann“. Biden und die Demokraten dürften das Urteil als scharfe Wahlkampf-Munition einsetzen.

Hintergrund: Trump hat für den Fall seiner Wiederwahl angekündigt, mit Hilfe eines politisierten Justizministeriums gegen Andersdenkende, illegale Einwanderer und Staatsbedienstete vorzugehen.

Ein Justiz-Teufelskreis

Unterdessen geht die Empörung links der politischen Mitte weiter. Zum Beispiel über den Vorsitzenden Richter des Supreme Courts, John Roberts. 

Der stellte in der Mehrheitsmeinung fest, dass Trump für sein detailliert dokumentiertes Bedrängen des damaligen Vize-Präsidenten Mike Pence, den Wahlsieg Bidens am 6. Januar 2021 nicht zu beurkunden, nicht belangt werden könne. Sein Agieren falle in die Kategorie „offizielles Regierungshandeln“.

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Jedweder Akt eines Präsidenten könne nun nachträglich mit dem Label „offiziell“ beklebt und somit strafverfolgungsfrei gestellt werden, warnte der frühere Richter Neal Katyal. Er sieht die Gewaltenteilung akut bedroht. Der renommierte Verfassungsrechtler Lawrence Tribe machte darauf aufmerksam, dass Donald Trump womöglich niemals wegen des Sturms aufs Kapitol zur Rechenschaft gezogen wird. 

Denn wenn Bundesrichterin Tanya Chutkan demnächst vor der Aufgabe steht, offizielle Amtshandlungen Trumps vor und während des Umsturzversuchs von privaten Aktionen zu trennen, könnten Trumps Anwälte dagegen Berufung einlegen. Was wiederum – zeitverzögernd – vor dem Supreme Court landen würde. Eine Sankt-Nimmerleins-Spirale.

Trump spricht von „großem Sieg“

Dagegen zeigten sich etliche Republikaner außerordentlich zufrieden mit dem Urteil, Trump selbst sprach von einem „großen Sieg“ und forderte die Einstellung sämtlicher gegen ihn laufenden Verfahren. 

Bei den Demokraten setzte nach dem Urteil eine Mischung aus Fatalismus und Hoffnung ein. „Nun ist klar, dass am 5. November allein das amerikanische Volk darüber entscheidet, ob Donald Trump zur Verantwortung gezogen wird oder nicht“, so ein Abgeordneter aus Maryland.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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