Neutralitätsfrage: Ist die Schweiz als Vermittlerin glaubwürdiger als Österreich?

Politik
Die Schweiz soll "immerwährend bewaffnet neutral bleiben". Das will die "Neutralitätsinitiative" von SVP-Doyen Christoph Blocher und "Pro Schweiz".

Schallenberg beschwört in Bern die „neutralitätspolitische Achse“. Doch die birgt einige Unterschiede – vor allem in der Außenwahrnehmung.

Vor einem „schleichenden NATO-Beitritt“ war gewarnt worden, es brauche die „neutrale Notbremse“: Töne wie diese dürften Österreichern bekannt vorkommen. Doch sie stammen von der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei, der SVP, die damit für ihre „Neutralitätsinitiative“ geworben hat.

132.000 Schweizer haben sie unterzeichnet, vor zwei Wochen wurde sie bei der Bundeskanzlei in Bern eingereicht. Damit dürfte (eher später als früher) eine Abstimmung über die Auslegung der Schweizer Neutralität folgen: Die SVP verlangt eine Verankerung in der Verfassung, dass die Schweiz keine Sanktionen (außer jene der UNO) übernimmt, und keinem Militärbündnis beitritt.

APA/AFP/FABRICE COFFRINI

Die Schweiz soll „immerwährend bewaffnet neutral bleiben“. Das will die „Neutralitätsinitiative“ von SVP-Doyen Christoph Blocher und „Pro Schweiz“.

Laute Debatte über Neutralität

Das Mittragen der EU-Sanktionen gegen Russland, die Anschaffung amerikanischer F-35-Flugzeuge, die gemeinsame europäische Luftraumabwehr „Sky Shield“ (an der auch Österreich teilnimmt), ein NATO-Verbindungsbüro in Genf – all das sorgte in den vergangenen zwei Jahren für einiges an Diskussionsstoff in der Schweiz, nicht nur bei den Rechtspopulisten. Dass überhaupt über eine künftige Auslegung der Neutralität diskutiert wird, ist etwas, das in Österreich manche vermissen. 

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), der am Dienstag seinem Schweizer Amtskollegen, dem Liberalen Ignazio Cassis, in Bern einen Besuch abstattete, wollte „die eine oder andere Wahrnehmung“, die es in Österreich von der Neutralität gebe, „richtig stellen“, wie er im Vorfeld meinte.

„Waren nie wertneutral“

Neutralität, so Schallenberg, heiße nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. „Neutralität kann erst dann glaubwürdig sein, wenn man Position bezieht. Wir waren nie wertneutral und nie gesinnungsneutral. Wer glaubt, Neutralität heißt schweigen und sich zurücklehnen, gibt denen recht, die Recht brechen.“

  "MUGA"-Kappe: Hardlinerin Taylor Greene unfreiwillig für Ukraine

Von einer „neutralitätspolitischen Achse“ war die Rede. Doch: Ganz so einfach ist es auch wieder nicht. Denn in der Auslegung ihrer Neutralität unterscheiden sich die bewaffnete und mit der NATO-kooperierende Schweiz und das EU-Mitgliedsland Österreich seit jeher. „Die Schweizer Neutralität verfügt über einen gewissen Pragmatismus“, so Walter Feichtinger, Präsident des Centers für Strategische Analysen, gegenüber dem KURIER.

Krieg hat die Parameter verschoben

Der fehle in Österreich – genauso wie die Diskussionsbereitschaft. Zudem habe der Krieg in der Ukraine die Parameter verschoben, heute gehe es wieder mehr um die Stärke der eigenen Wehrhaftigkeit, die auch für die Glaubhaftigkeit der Neutralität wesentlich sei, so Feichtinger. Darauf habe die Schweiz stets mehr Fokus gelegt – etwa mit ihrer Milizarmee –, während Österreich mehr auf die Beteiligung an internationalem Krisenmanagement gesetzt hat.

Dass sowohl Schweizer als auch Österreicher an ihrer Neutralität hängen, ist bekannt: In einer aktuellen Umfrage der Uni Innsbruck und des Außenministeriums gaben 75 Prozent der Befragten an, die Neutralität sei ein Teil der österreichischen Identität. Ähnliche Umfragen in der Schweiz liefern noch höhere Werte. Über 60 Prozent der Befragten glaubten, dass die Neutralität Österreich zu einer attraktiven Vermittler-Rolle verhelfe.

Schweiz soll Friedensgipfel ausrichten

Doch vielmehr stellt sich die Frage, wie Österreichs Neutralität im Ausland gesehen wird. Tatsächlich hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij die Schweiz mit der Ausrichtung eines Friedensgipfels im Juni beauftragt – und nicht …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.