Die ÖVP und Landeshauptmann Drexler wurden für das geplante Leitspital Liezen abgestraft. Das könnte über die Steiermark hinaus negative Folgen haben.
Selten zuvor bei einer Wahl hat die Bevölkerung so deutlich über ein politisches Vorhaben abgestimmt: 63,2 Prozent erreichte die FPÖ bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag in der steirischen Stadt Rottenmann (Bezirk Liezen), im unweit entfernten Schladming waren es immerhin noch 51 Prozent.
Der Grund liegt auf der Hand: Beide Gemeinden (wie auch Bad Aussee) sollen ihr bestehendes Spital verlieren. An ihrer Stelle soll in Stainach-Pürgg ein neues Leitspital entstehen. So sehen es die seit Jahren wild umstrittenen Pläne vor, die von der Landes-ÖVP und Landeshauptmann Christopher Drexler forciert werden, während sich die FPÖ als Retter der alten Spitäler inszenierte.
Dabei sind die Vorteile der geplanten Reform offensichtlich: Das Leitspital wäre nicht nur moderner und besser ausgestattet als die bisherigen Kleinspitäler, aufgrund der höheren Fallzahl ließe sich zudem eine wesentlich bessere Versorgungsqualität bei geringerem Personalaufwand erreichen.
Die lokale Bevölkerung überzeugen solche Argumente nicht. Trotz der zentralen Lage des neuen Spitals und der geplanten Errichtung von Gesundheits- bzw. Facharzt-Zentren an den alten Standorten wehrt sie sich – im Tandem mit Lokalpolitik und FPÖ – vehement gegen die Spitalsschließungen. In Form einer schallenden Ohrfeige für die ÖVP bei der Landtagswahl.
Ein Vorgang mit Signalwirkung weit über die Steiermark hinaus: Schon jetzt wird das heikle Thema Spitalszusammenlegungen bei aller medizinischen und ökonomischen Notwendigkeit von der Politik mit spitzen Fingern angefasst. Das zeigen etwa die jüngsten Debatten in Niederösterreich. Angesichts der Lehren aus der Steiermark-Wahl befürchtet der Wiener Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer, dass sich in Zukunft überhaupt kein Politiker mehr getrauen werde, überfällige Spitalsreformen anzugehen.
„Die Debatte um die Schließung von Kleinstspitälern gibt es an sich schon ewig“, schildert der Experte. „Etwa um jenes in Bad Aussee, welches dann aber doch vor Wahlen immer wieder gerettet wurde.“
Kleinspitäler mit Qualitätsmängeln
Für ihn sind die Mini-Krankenhäuser an der Peripherie nicht mehr zeitgemäß. „Sie sind nicht einmal für Jungärzte interessant, die dort aufgrund der niedrigen Patientenzahl nichts lernen können, dafür aber sehr lange Arbeitszeiten haben.“
Vielmehr würden die dortigen Qualitätsmängel immer wieder für Negativ-Schlagzeilen sorgen. Erschwerend kommt hinzu: „Wegen der intransparenten Datenlage in Österreich können die kleinen Spitäler sehr leicht behaupten, dass sie erstklassige Leistungen erbringen.“
Parallelbetrieb kann Ängste nehmen
Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom IHS ortet ein zentrales politisches Versäumnis, das nicht nur den aktuellen Fall des Leitspitals Liezen betreffe. Bei derartigen Umstrukturierungen ist vorgesehen, dass anstelle des geschlossenen Spitals die niedergelassene Versorgung ausgebaut wird – etwa in Form von Facharzt-Zentren zur Versorgung leichterer Probleme, die ohnehin im Spital fehl am Platz sind.
„Idealerweise sind diese neuen Strukturen schon mehrere Jahre vor der Spitalsschließung in Betrieb. Die Patienten können sich dann davon überzeugen, dass durch die Schließung des Krankenhauses keine Nachteile entstehen.“ Doch das passiere meistens nicht, weshalb die Bevölkerung auf die geplante Schließung mit Verunsicherung reagiere.
Der Grund: Der über mehrere Jahre laufende parallele Betrieb verursacht vorübergehend erhebliche Mehrkosten. „Wir haben im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen eine eigene Finanzierung für diese Übergangsphase vorgeschlagen, doch daraus wurde leider …read more
Source:: Kurier.at – Politik