Weihnachtsbaum, Respekt, Israel: Auch die CDU will eine Leitkultur

Politik
Friedrich Merz im Bundestag: Der CDU-Vorsitzende will von der Oppositionsbank zurück in die Regierung.

Nach Merkels Abtritt wärmte CDU-Chef Friedrich Merz die Debatte um die Leitkultur neu auf. Doch wirklich konkret ist das Ergebnis nicht.

„Wenn wir von Leitkultur sprechen, dann gehört für mich dazu, einen Weihnachtsbaum zu kaufen.“

Mit diesem Satz sorgte CDU-Vorsitzender Friedrich Merz vor Weihnachten für Häme in den Sozialen Medien und unter der Opposition. „Darf nur der Weihnachtsbaumkäufer deutscher Staatsbürger werden?“, fragte man damals auf X. Denn nur wenige Tage zuvor hatte die CDU den Entwurf für ihr viertes Grundsatzprogramm vorgelegt – in dem es heißt: „Alle, die hier leben wollen, müssen unsere Leitkultur ohne Wenn und Aber anerkennen.“

Die alte Debatte um die Leitkultur, sie begleitet die CDU seit 24 Jahren (mittlerweile ist sie auch auf Österreich übergeschwappt). Merz warf den Begriff erstmals im Jahr 2000 in den Raum, als frisch gewählter Unionsfraktionschef: „Es geht im Wesentlichen darum, dass die in Deutschland lebenden Ausländer bereit sind, sich einer deutschen Leitkultur anzuschließen.“ Damals wie heute wird die Leitkultur vor allem im Zusammenhang mit Integration und Migration definiert.

Schluss mit Merkel-Kurs

Unter Angela Merkel verschwand der Begriff in der Schublade. Nach dem Abtritt der Kanzlerin holte ihn Merz wieder hervor und verpackte ihn in ein konservativ ausgerichtetes Grundsatzprogramm, das die CDU bei der Bundestagswahl 2025 zurück in die Regierung bringen soll. Zwei Jahre wurde daran gefeilt, federführend war der CDU-Generalsekretär und Merz-Anhänger Carsten Linnemann. Beim heute startenden, dreitägigen CDU-Parteitag in Berlin soll darüber abgestimmt werden.

Das Programm fordert Asylverfahren in Drittstaaten, eine Kehrtwende beim Atomausstieg, eine Beibehaltung der Schuldenbremse – und eine Leitkultur. „Damit findet die Ära Merkel ein offizielles Ende“, sagt der Politikwissenschafter Albrecht von Lucke von den Blättern für deutsche und internationale Politik. Das Programm stehe „für konservative Akzente, nach denen sich die Partei lange gesehnt hat“.

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Doch was ist sie jetzt genau, die Leitkultur? „Grundlage unserer Politik ist das christliche Menschenbild“, „jeder Mensch soll frei und selbstbestimmt leben können“, „wir sind christlich sozial, liberal und konservativ, wir bejahen Vielfalt“ – so steht es in der Zusammenfassung des Grundsatzprogramms. „Recht vage, blutleer und diffus“, urteilt die FAZ – „wie etwas, dem sich möglichst viele zugehörig fühlen können.“

REUTERS/Liesa Johannssen

Friedrich Merz im Bundestag: Der CDU-Vorsitzende will von der Oppositionsbank zurück in die Regierung.

Einzelne Absätze des Entwurfs sorgten zuletzt für Schlagzeilen, wurden als fremden- und vor allem islamfeindlich kritisiert: Aus „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland“ wurde nach Kritik vom Zentralrat der Muslime zu „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“

Weitere Zutaten der Merz’schen Leitkultur: die Achtung der Menschenwürde, der Grund- und Menschenrechte, des Rechtsstaats – eigentlich allesamt Prinzipien, die schon im Grundgesetz verankert sind. Nach dem 7. Oktober wurde auch die Anerkennung des Existenzrechts Israels hinzugefügt.

Parteiinterne Spaltung

Der Begriff Leitkultur spaltet seit jeher die Christdemokraten. Vor allem die „Merkelianer“ stellten sich gegen die Debatte. Dennoch wird von ihnen beim Parteitag wenig Protest erwartet. Die Union liegt in allen Umfragen stabil bei 30 Prozent, das will man sich durch interne Streitigkeiten nicht kaputt machen. Auch deswegen dürfte Merz bei seiner Wiederwahl als Parteivorsitzender ein gutes Ergebnis einfahren.

„Ob …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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