Historische Verantwortung aufgearbeitet: Die Porr AG profitierte vom NS-Regime

Wirtschaft

Der börsennotierte Baukonzern hat seine Geschichte der Jahre 1938 bis 1945 von namhaften Historikern wissenschaftlich aufarbeiten lassen

„Die Porr AG hat von der Besetzung Polens durch das Deutsche Reich und von der Besatzungspolitik gegenüber Polen und Polinnen und Juden und Jüdinnen profitiert“, schreibt die polnische Historikerin Maria Czaputowicz-Głowacka. „Die von der Porr AG ausgeführten Aufträge waren für die deutsche Kriegswirtschaft wichtig. Die Porr führte Aufträge aus, indem sie die Arbeit von Konzentrationslagerhäftlingen und von Zwangsarbeitern nutzte. Im IG-Farben-Werk Auschwitz setzte sie in den 33 Monaten ihrer Tätigkeit Zivil- und Zwangsarbeiter ein.“ Zu den rund 390 Beschäftigten kamen zeitweilig 45 KZ-Häftlinge. Außerdem führte die Porr Aufträge für die Zentralbauleitung der Waffen-SS und Polizei Auschwitz aus.

Doch hier fehlen weitgehend Unterlagen. Nur einzelne Rechnungen für das „Personal“ liegen vor. Denn die Porr musste für die beschäftigten Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge die SS bezahlen.

Der österreichische Baukonzern Porr um Vorstandschef Karl-Heinz Strauss stellt sich seiner Geschichte. Nicht das erste Mal, aber mit einer neuen Tiefe, was die wissenschaftliche Forschung betrifft. Die Porr hat vor drei Jahren mit der Universität Wien und der Uni Frankfurt Verträge abgeschlossen und konnte die renommierten Historiker Oliver Rathkolb, Bertrand Perz und Sybille Steinbacher sowie weitere Kollegen für die wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Porr gewinnen.

Sklavenarbeiter

Nun liegt das Ergebnis in Form eines 400 Seiten starken Buches vor, das ins Englische übersetzt auch in Großbritannien und in den USA publiziert wird. „Wir wollen uns nicht reinwaschen mit diesem Buch, sondern uns der Verantwortung stellen“, sagt Strauss zum KURIER. „Wir haben die Geldmittel zur Verfügung gestellt und haben keinerlei Einfluss gehabt auf irgendwelche Ergebnisse. Wir bekennen uns dazu, diese Themen öffentlich zu machen, damit eben solche Zustände und Entwicklungen in Zukunft verhindert werden.“

  Nachhaltig zum Erfolg: Wie ESG-Maßnahmen Unternehmen stärken

Laut Historiker Oliver Rathkolb haben seine Kollegen in internationalen und nationalen Archiven in Deutschland, Polen, der Slowakei und Slowenien, Kroatien und Serbien geforscht und sind auch vielfach fündig geworden. Außerdem wurde versucht, neues Zeitzeugenmaterial bzw. Unterlagen aus dem Versöhnungsfonds heranzuziehen.

Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge

„Man sieht das deutlich im Beitrag über die Rolle der Porr als Subunternehmerin der IG Farben in Auschwitz. Da hat die Kollegin Maria Czaputowicz-Głowacka alles, was verfügbar war, in polnischen Archiven umgedreht“, sagt Rathkolb. „Wo es uns nicht gelungen ist, haben wir versucht, die Situation vor allem der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen darzustellen. Wir haben auch im ehemaligen Jugoslawien, zum Beispiel bei den Kupferminen von Bor viel Kontextmaterial zusammengetragen, um einfach deutlich zu machen, welche furchtbaren, katastrophalen Arbeitsbedingungen die Menschen erleiden und erdulden mussten.“

Gänsehaut

„Wenn man das, das erste Mal hört, bekommt man eine Gänsehaut auf dem Rücken“, sagt Porr-Chef Strauss. „Das Buch soll auch ein Mahnmal sein. Man muss aufpassen, dass solche Zeiten hoffentlich nicht wieder kommen. Wir sorgen dafür, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.“

Die Nazifizierung der Porr erfolgte bereits wenige Tage nach dem Anschluss an Hitler-Deutschland am 12. März 1938. Aus dem Verwaltungsrat und Vorstand wurden die jüdischen Mitbürger entfernt. Schlüsselfigur war dabei der illegale Nazi Max Tazoll. Er übernahm die Macht bei der Porr.

Haus Hannover Haupteigentümer

Und Nazi-Freund Ernst August von Hannover und sein Haus Hannover-Braunschweig-Lüneburg kauften günstig die …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.