
Von: Susanne Zobl
Wie viel wurde über die „Zwischentöne“ bei Arthur Schnitzler diskutiert, über den richtigen Sound der Sprache. Wie viele Regisseure versuchten sich an dem Wiener Giganten.
Wie oft hatte man „Das weite Land“, sein faszinierendstes Stück, schon gesehen. Selbst nach 23 Jahren bleibt Andrea Breths Psycho-Thriller, in den sie diese Tragödie bei den Salzburger Festspielen wandelte, im Gedächtnis. Viele Aufführungen liegen zwischen dieser und der aktuellen von Janusz Kica im Theater in der Josefstadt.
Schon nach ein paar Minuten, wenn sich auf einer fast schwarzen, nur mit ein paar runden Lampen erhellten Bühne (Karin Fritz) die Protagonisten einfinden, stellt sich ein seltsames Gefühl des Nach-Hause-Kommens ein. Das ist so, als ob man alten Bekannten wieder begegnet. Man wird Teil dieser Gesellschaft, die sich mit derselben Neugier über den Selbstmord des Pianisten Korsakow unterhält wie über das scharlachrote Auto des Bankiers Natter.
Die Pointen federn
Kica lässt keine Figuren auftreten, sondern Menschen. Da beginnt Schnitzlers Sprache ganz natürlich zu fließen. Die Pointen federn, Sarkasmus schwingt mit. An dieser Sprechweise liegt es auch, dass die Geschichte des Glühbirnenfabrikanten Friedrich Hofreiter, der im Duell den jungen Liebhaber seiner Frau erschießt, auch in der Gegenwart funktioniert.
Heute duelliert sich hoffentlich keiner mehr, aber die menschlichen Abgründe, in die Schnitzler blickt, sind dieselben geblieben. Es geht um verletzten männlichen Stolz, um „Herzensschlampereien“, wie es bei Schnitzler heißt.
Astrid Knie
Maria Köstlinger (Genia) und Bernhard Schir (Hofreiter).
Das Eigentliche an diesem Stück ist, dass es keine Eindeutigkeiten gibt. Im Zentrum steht Bernhard Schir als Friedrich Hofreiter. Elektrisierend zeigt er einen Mann, der Opfer seiner Obsessionen ist. Diese gilt Frauen. Phänomenal setzt er sein kunstvoll wienerisch gefärbtes Idiom ein. Feinnervig, nervös hadert er mit dem Älterwerden. Da wird klar, er hat nicht aus Eifersucht, sondern aus Neid auf die Jugend seines Gegenübers getötet.
Ein Hauch von Ironie
Maria Köstlinger ist eine kühle Genia, die sich mit Kopfhörern in eine andere Welt flüchtet. Herbert Föttinger, der Josefstadtdirektor, und Sandra Cervik (eine elegante Frau Meinhold), auch im wirklichen Leben seine Frau, waren vor 15 Jahren die Hofreiters, er auch noch früher in Reichenau. Jetzt sind sie das getrennte Paar – und Föttinger der Hoteldirektor Aigner. Den titelgebenden Satz, „Die Seele ist ein weites Land“, trichtert er dem Hofreiter nicht ohne einen Hauch von Ironie ein.
Astrid Knie
Luxusbesetzung: Martin Zauner als Hotelportier mit Herbert Föttinger als Hoteldirektor
Johanna Mahaffy ist eine geerdete Erna, Ulli Maier eine charmante Frau Wahl. Eine Luxusbesetzung ist Martin Zauner als Hotelportier. Günter Franzmeier lässt als Natter die Hinterlist seiner Figur spüren und Marcus Bluhm die Betulichkeit des Doktor Mauer. Matthias Franz Stein, Tobias Rheintaller, Martina Stilp, Marcello De Nardo und alle anderen werden für diesen Wiener Schnitzler zurecht gefeiert.
Source:: Kurier.at – Kultur