Schriftsteller und KZ-Überlebender Ivan Ivanji verstroben

Kultur

Der serbische Schriftsteller Ivan Ivanji ist am 9. Mai 2024 im Alter von 95 Jahren in Weimar gestorben.

Ivan Ivanj war ein serbischer Schriftsteller, Deutschdolmetscher Titos, Diplomat und Journalist. Er lebte in Belgrad und Wien und war Ehrenbürger der Stadt Weimar. 

Er starb am Donnerstag in Weimar, wie die Stadtverwaltung am Freitag mitteilte. Wenige Stunden zuvor hatte er noch an der Eröffnung des neuen Museums zu Zwangsarbeit im Nationalsozialismus in Weimar teilgenommen.

Anlässlich seines 95. Geburtstags im Jänner hatte Ivanji der APA noch schriftlich ausgerichtet, dass es ihm gut gehe. Den größten Teil der Zeit verbringe er in Belgrad, wo Tochter, Sohn und einige der Enkel- und Urenkelkinder leben, teilte er damals mit. 1992 kam Ivanji nach Wien, ohne seine Belgrader Wohnung aufzugegeben. Nach dem Tod seiner Gattin vor einigen Jahren war er wieder dorthin zurückgekehrt.

Ivan Ivanji wurde am 24. Jänner 1929 in Veliki Beckerek (Groß-Betschkerk, heute: Zrenjanin) in der Vojvodina als Sohn einer jüdischen Ärztefamilie geboren. Im Jänner 1942 wurde er in Novi Sad Augenzeuge von Massakern an der Donau. In seiner Heimatstadt überlebten von 278 Juden nur 38, erzählte er einmal. Er selbst kam als 15-Jähriger nach Auschwitz und wurde erst bei Kriegsende aus dem Konzentrationslager Buchenwald befreit. Seine Eltern sah er nie wieder.

Er studierte Architektur und Germanistik und war daraufhin in Belgrad als Lehrer, Theaterintendant, Journalist, aber auch lange als Titos Dolmetscher und als Botschaftsrat Jugoslawiens in Deutschland tätig. Seine Erfahrungen verarbeitete Ivanji in zahlreichen Büchern wie „Die Tänzerin und der Krieg“ (2002), „Titos Dolmetscher“ (2007) oder „Mein schönes Leben in der Hölle“ (2014).

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Die Liste seiner im Picus Verlag erschienenen Romane ist noch um einiges länger. Sie umfasst u.a. auch „Barbarossas Jude“, „Geister aus einer kleinen Stadt“, „Schattenspringen“, die Balkan-Familiensaga „Schlussstrich“ (2017), bei der die Geschichte des Protagonisten Rudolf Radvanyi viele Ähnlichkeiten mit der Vita des Autors aufwies, „Hineni“ (2020), seine eigene Version der Geschichte des biblischen Abraham, oder „Corona in Buchenwald“ (2021), eine Art Decamerone der KZ-Überlebenden, in dem zwölf alte Männer in der Quarantäne eines Weimarer Hotels zu Geschichtenerzählern werden. Erst heuer brachte das Verlagshaus zudem eine Neuauflage von Ivanjis 1999 erschienenen Romans „Der Aschenmensch von Buchenwald“ heraus. In ihm schildert er die Entdeckung von 700 Urnen mit der Asche von namenlosen Häftlingen bei Renovierungsarbeiten im Krematorium der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald und verleiht den anonymen Toten Stimmen, die sich zu einem Chor ermordeter Seelen vereinigen.

Ivanji bezeichnete sich selbst als „Skribomane“, als Schreibwütigen. „Günter Grass sagte mehrere Jahre vor seinem Tod, er wolle nichts mehr anfangen, weil er nicht weiß, ob er es zu Ende bringen kann“, erzählte er der APA einmal. „Ich beginne immer wieder etwas Neues, und wenn ich es nicht beenden kann, bleibt es eben unvollendet. Hat es ja auch schon gegeben.“

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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