
Zwischen 1987 und 1995 bildeten Ferdinand Lacina und Johannes Ditz als roter Finanzminister und schwarzer Staatssekretär ein großkoalitionäres „Dreamteam“ zur Budgetsanierung.
KURIER: Herr Lacina, Sie wurden wie der jetzige Finanzminister Marterbauer in der Arbeiterkammer sozialisiert. Haben Sie ihm schon Ratschläge gegeben?
Ferdinand Lacina: Ich freue mich sehr, dass er es geworden ist, weil wir schon lange keinen Finanzminister mehr hatten, der wirklich faktenbasiert agiert. Ich muss ihm keine Ratschläge geben, weil ich weiß, dass er das gut machen wird.
In der ÖVP galt er als linker „Gottseibeiuns“, wie kam das in Ihrer Partei an, Herr Ditz?
Johannes Ditz: Wichtig ist, dass die Gesprächsbasis vom Herrn Bundeskanzler Stocker mit dem Herrn Finanzminister sehr gut ist. Man kann mit ihm sicher Probleme richtig diagnostizieren und dann Schlussfolgerungen ziehen. Die Regierung hat bis jetzt viele gute Ansätze, aber die Linie ist noch unklar.
Lacina: Ich bin kein Freund großer Regierungsabkommen. Wir hatten seinerzeit auch kein Drehbuch für die Budgetsanierung, in dem zum Beispiel eine Besteuerung der Zinsen vorgesehen gewesen wäre, und trotzdem haben wir die Kapitalertragssteuer eingeführt.
kurier/Martin Stachl
Wie hoch war das Defizit?
Lacina: Ungefähr so hoch wie jetzt. Wir haben uns auf einen stufenweisen Abbau geeinigt und Einsparungen genauso wie neue Einnahmemöglichkeiten überlegt. Jetzt zum Beispiel wäre es an der Zeit, eine neue Erbschaftssteuer einzuführen.
Sie haben doch damals die Vermögenssteuer abgeschafft. Marterbauer wäre für eine.
Lacina: Dafür wäre ich auch. Aber die damalige Vermögenssteuer war eine Fehlkonstruktion, weil sie besonders die Unternehmen traf. Wir hatten auch noch das Problem der Anonymität von Finanzanlagen, was dann erst auf Druck der Amerikaner fiel.
Ditz: Das Defizit war 1995 mit sechs Prozent noch größer. Bei unseren Steuerreformen haben wir nicht nur die Tarife stark gesenkt, sondern auch unpopuläre Maßnahmen gesetzt. Die jetzigen 4,7 Prozent Defizit sind ja nicht das größte Problem, sondern, dass die Staatsausgabenquote mittlerweile bei 56,3 Prozent liegt. Außerdem ist der Personalaufwand im öffentlichen Bereich in den letzten Jahren explodiert und um zehn Milliarden gestiegen. Und dank der als großen Erfolg gefeierten Indexierung im Steuersystem (Abschaffung der Kalten Progression durch die Regierung Nehammer, Anm.) sind dem Staat 7,4 Milliarden Euro verloren gegangen. Ohne diese Faktoren würde das Defizit um zwei Prozentpunkte niedriger liegen.
Wären Sie für eine Vermögenssteuer?
Ditz: Nein. Da haben wir damals den Herrn Minister sehr gefordert. Hut ab, dass Ferdinand Lacina bereit war, Dogmen zu opfern. Das hat der Wirtschaft extrem viel gebracht. Ich bin damals am Beginn sehr motiviert in das Finanzministerium gekommen, bis ich begriffen habe, praktisch überhaupt keinen Zugang zu Unterlagen zu haben. Um das zu kriegen, bin ich flügelschlagend zum Minister gerannt. Aber für den Ferdinand war das überhaupt kein Problem.
Wann wurden Sie denn eigentlich per Du?
Lacina: Nachdem der Johannes im Finanzministerium von der ÖVP „beseitigt“ wurde. Da haben wir uns das erste Mal nach dem Büro getroffen: bei einem Heurigen.
Ditz: Eine schöne Geste!
Lacina: Ich habe ihm zum Abschied ein Werk von Karl Marx geschenkt und das Du-Wort angeboten. Er hat, glaube ich, beides ausgehalten.
Sie haben ja auch zufällig im selben Haus in Wien-Wieden gewohnt. Haben Sie sich dort auch privat getroffen?
Lacina: Wir haben uns im Büro …read more
Source:: Kurier.at – Politik