
Deutschland will massiv in Infrastruktur und Rüstung investieren. Was bedeutet das für die heimische Wirtschaft? Ökonom Hanno Lorenz schätzt die Lage für Österreich ein.
500 Milliarden Euro: So viel will Deutschland in den nächsten zehn Jahren in seine teils marode Infrastruktur pumpen. Was bedeutet das für die heimische Wirtschaft? WIFO und IHS sehen die deutsche Konjunkturspritze als Mitgrund, warum auch Österreichs Wirtschaft 2026 sanft wachsen soll.
SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer geht im KURIER-Interview sogar von einem „großen“ Mitnahmeeffekt aus: „Davon wird unsere Wirtschaft enorm profitieren.“
„Ich bin da sehr skeptisch“, meint Ökonom Hanno Lorenz vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. Erstens laufe in Österreich seit Jahren ein erfolgloses Konjunkturprogramm, zweitens belaste der Zollkonflikt mit den USA auch die deutsche Wirtschaft. „Deshalb halte ich es für sehr zweifelhaft, dass die Deutschen jetzt den Wachstumsmotor anschmeißen und Österreich mitziehen.“
Von Investitionen in die deutsche Verkehrsinfrastruktur dürfte Österreich „ein bisschen“ profitieren, meint Lorenz. „Die wirtschaftliche Verknüpfung zu höheren Militärausgaben in Deutschland sehe ich aber ehrlicherweise nicht.“ Zudem seien die bürokratischen Hürden in Deutschland so groß, dass Investitionsgelder oft gar nicht abgerufen würden. „Ob das Geld wirklich fließt, muss man abwarten“, sagt Lorenz.
Es sei weiters „offenbarend“, wenn Österreichs Regierung darauf hoffe, von anderen mitgezogen zu werden, statt selbst Maßnahmen zu ergreifen. Welche Maßnahmen meint der Ökonom? „Demografische Kostentreiber“ wie die Pensionen oder das Gesundheitssystem: „Alle Langfristprognosen in Österreich zeigen, dass wir ohne Reformen in diesen Bereichen das Maastricht-Defizit bis 2050 fast jedes Jahr nicht einhalten werden.“
Hier seien die Deutschen „strukturell besser aufgestellt“, so Lorenz. Er verweist auf das deutschen Pensionsantrittsalter von 67 Jahren – in Österreich liegt das gesetzliche bei 65 – und Deutschlands Pflegeversicherung. „In der Schuldenquote sieht man, dass die Deutschen bisher besser gefahren sind“, sagt Lorenz. Und weiterhin fahren werden? Laut Prognosen schon: Demnach steigt Österreichs Verschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung auf 88, Deutschlands auf 73 Prozent.
Bremsen höhere Zinsen das deutsche Paket aus?
Noch ein weiterer Aspekt stimmt Lorenz, mit Blick auf das deutsche Investitionspaket, pessimistisch: „Die Deutschen waren mit ihrer Finanzpolitik, samt Schuldenbremse, der Anker für die Glaubwürdigkeit in die Stabilität des Euros. Mit diesem Schuldenpaket sind die Zinsaufschläge schon jetzt deutlich gestiegen.“ Heißt: Die Zinsen auf Deutschlands, aber auch Österreichs Staatsanleihen, sind bereits gestiegen.
Neue Schulden dürften auch durch das deutsche Investitionspaket also deutlich teurer werden. „Ich glaube, dass sich der Zinskonflikt stärker auf die deutsche Wirtschaft auswirkt als das Konjunkturpaket. Und dann werden auch die Prognosen für Deutschland und Österreich wieder runtergehen“, sagt Lorenz. Die Prognosen seien schon in den vergangenen Jahren zu optimistisch gewesen.
Source:: Kurier.at – Politik