Indien: Morgen startet die größte Wahl der Welt

Politik

Premier Modis hindunationalistische BJP dürfte bei der Riesenwahl ab Freitag wieder gewinnen. Der deutsche Ex-Botschafter Walter Lindner darüber, woran das aus seiner Sicht liegt.

Es ist die größte Wahl der Welt: 968 Millionen Menschen sind von 19. April bis 1. Juni dazu aufgerufen, ihr Parlament neu zu wählen. Umfragen sagen einen erneuten Triumph der hindunationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) von Premier Narendra Modi voraus. 

Die Kritik an dem Regierungschef und seiner Politik der letzten zehn Jahre, in denen er nun an der Macht ist, wächst. Zwar gilt Indien als „größte Demokratie der Welt“, diese Bezeichnung wird jedoch immer häufiger infrage gestellt. Journalisten berichten von politischem Druck und einer BJP-dominierten Medienlandschaft.

Sorge um Religionsfreiheit

Auch die Religionsfreiheit ist Experten zufolge in Gefahr, ist das Fundament von Modis Partei doch die Hindutva-Ideologie, nach der alle Inder eigentlich Hindus sind. Seit der Machtübernahme Modis 2014 hat die hindu-extremistische Gewalt gegen religiöse Minderheiten zugenommen. Kritiker werfen ihm vor, das laut Verfassung säkulare Indien in einen hindu-nationalistischen Staat verwandeln und besonders die muslimische Minderheit marginalisieren zu wollen. 

Der deutsche Indien-Experte Oliver Schulz sagte zum KURIER unlängst etwa: „Als ich Ende der 80er-Jahre zum ersten Mal in Indien war, war die Bezeichnung ‚Demokratie‘ für Indien passender als jetzt.“

Walter Lindner, von 2019 bis 2022 deutscher Botschafter in Indien, hat mehr Vertrauen in Indiens Institutionen und Politik – und er mahnt den Westen, mit Urteilen über die Regierung Modi vorsichtig zu sein. Europa könne einiges von Indien lernen, so Lindner. 

  AK-Wahl brachte vor allem Erfolge für Rot und Blau

KURIER: Herr Lindner, Sie waren in den 1970er-Jahren zum ersten Mal in Indien, als Backpacker. Erkennen Sie das Land von damals wieder, wenn Sie heute nach Indien reisen?

Walter Lindner: Ja und nein. Indien hat eine 7.000 Jahre alte Geschichte, die Tempel dort gab es schon vor 2.000 Jahren, die Rituale vor 4.000. Das Wesen des Landes ist gleichgeblieben. Aber als ich zum ersten Mal dort war, lebten vielleicht 350 Millionen Menschen dort. Heute sind es 1,4 Milliarden. Die Städte haben sich völlig verändert: Hochhäuser, vernünftige Autos, keine Elefanten mehr. Und trotzdem, wenn Sie aufs Land fahren, sehen Sie noch immer das Indien, das es schon vor ein paar hundert Jahren gab.

Ab 19. April wird in Indien gewählt. Was ist von dem Urnengang zu erwarten? 

Dass es demokratische Wahlen gibt. Viele sagen heute, Indien sei keine Demokratie mehr und Modi ein religiöser Fanatiker. Ich glaube, wir müssen mit solchen Urteilen vorsichtig sein. Wenn man vor Ort rausgeht und in den Slums, Wäschereien oder Autorikschas mit den Menschen spricht, merkt man: Modi hat eine unglaubliche Popularität im Land.

Woran liegt das?

Einerseits funktioniert seine PR-Maschine. Aber er hat mit den Modernisierungen und dem wirtschaftlichen Fortschritt – unter Modi wurde mit der Initiative „Make in India“ zum Beispiel vermehrt selbst produziert – auch ein gutes Resümee der letzten zehn Jahre vorzuweisen.

Seine Person hat außerdem eine gewisse Anziehungskraft: Er kommt nicht aus einer reichen Kaste oder Dynastie, und er hat auch keine noblen Auslandsuniversitäten besucht wie andere Politiker. Seine Eltern waren einfache Teehändler, Modi selbst hat sich jahrelang zum Meditieren in den Himalaja …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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