Neue Sammelklage: Immobilien-Anleger in die Irre geführt

Wirtschaft

In der mehrjährigen Niedrigzinsphase haben private Anleger oft in angeblich sichere Immobilien investiert. In vielen Fällen wurden sie dabei schlecht beraten.

Es sollte eine lukrative Veranlagung in Zeiten niedriger Zinsen werden. Ein Vermögensberater machte das Ehepaar E. (Name gändert) auf ein Investment in eine Immobilienfirma aus Wien aufmerksam. Es sollte sich an zwei Liegenschaften beteiligen. Nach der Beratung investierte das Ehepaar 2018/2019 insgesamt 300.000 Euro angeblich in Liegenschaften der Immobilienfirma. Denn der Berater hatte das Investment insofern schmackhaft gemacht, indem er vorgab, dass seine Klienten „quasi Miteigentümer an einem Zinshaus werden und ihr Investment immer durch die Immobilie abgesichert sei“. Über eine Laufzeit von fünf Jahren sollte das Ehepaar jährlich fünf Prozent Rendite erhalten.

Doch der Vermögensberater hatte nicht offengelegt, dass er vom eingeworbenen Kapital fünf Prozent Vermittlungsprovision von der Immobilienfirma kassiert. Er hat auch verschwiegen, dass zum Beispiel bei der Liegenschaft F. 47,28 Prozent des eingesammelten Anlegerkapitals nicht in die Liegenschaft investiert wurde, sondern für sogenannte Weichkosten, sprich für Spesen, Geschäftsführer-Gehälter, Rechtsanwälte und Vertriebsprovisionen verwendet wurden. Oder anders gesagt: Von insgesamt 2,4 Millionen Euro Investorengeldern wurden 1,13 Millionen Euro für „Weichkosten“ verwendet.

Schadenersatz gefordert

Im Fall der zweiten Immobilie wurden sogar 99,2 Prozent des investierten Kapitals „für sonstige betriebliche Aufwendungen ausgegeben“. Auch wurden die Anleger nicht mit der Immobilie hypothekarisch besichert, sondern jene Bank, die einen Kredit für den Kauf der Immobilie gewährte. Vom Vermögensberater verlangt das Ehepaar E. nun 334.000 Euro Schadenersatz.

Dem nicht genug. Das Ehepaar E. klagt auch die Immobilienfirma und deren Geschäftsführer. „Denn der Geschäftsführer der Firma verwendete das Geld der Kläger nicht, um die Liegenschaft F. in Mödling zu erwerben bzw. diese zu renovieren, sondern vielmehr um einer Schwestergesellschaft, welche sich in finanzieller Schieflage befand, ein Darlehen zu geben“, schreibt Sven Thorstensen, der Anwalt des Ehepaars E., in einer Klage ans Handelsgericht Wien.

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Kein Einzelfall

Die Immobilie F. ist längst verkauft worden, davon hätten aber nur jene Anleger profitieren können, deren Geld tatsächlich zweckgemäß veranlagt worden war.

Der Fall des Ehepaars E. ist kein Einzelfall. „Im Niedrigzins-Umfeld sind diese Immobilieninvestments mit bis zu zehn bis zwölf Prozent Rendite wie die Schwammerln aus dem Boden gewachsen. Uns liegen Dutzende Fälle vor“, sagt Gerhard Wüest, Chef des Prozessfinanzierers AdvoFin zum KURIER. „Wir glauben, dass es bei diversen Immobilienbeteiligungen in den vergangenen 10 bis 15 Jahren Beratungsfehler gegeben hat und wir starten mit Anwalt Thorstensen eine neue Sammelklageaktion.“

Möglicher Totalverlust

Eingeklagt werden vor allem jene Immobilieninvestments, bei denen Vermögensberater bzw. Vermittler offenbar eine falsche Beratung durchgeführt haben.

„Wir sehen bei diesen Bauherrn- und Bauträger-Modellen, dass die Anleger nicht über einen möglichen Totalverlust aufgeklärt wurden, und dass es hohe Innenprovisionen bzw. Weichkosten von bis zu 25 Prozent gibt, die nicht offenlegt wurden“, sagt Wüest. „Allein dadurch sind die Investitionen oft in Schieflage geraten und das wird verstärkt durch die aktuell hohe Zinslast und die hohen Baukosten.“

AdvoFin finanziert die Klagen auf Rückabwicklung dieser Investments und kassiert im Erfolgsfall rund 35 Prozent Provision vom erzielten Prozess-Erlös. Ist der Prozessfinanzierer nicht erfolgreich, trägt er dennoch alle Kosten.

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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