Ballettpremiere „Les Sylphides“: Wenn Märchenwesen in der Wirklichkeit landen

Kultur

Das Wiener Staatsballett drei Choreografien in der Volksoper (Von Silvia Kargl).

„Les Sylphides“ ist das Thema des neuen dreiteiligen Programms des Wiener Staatsballetts, das am Mittwoch in der Volksoper Premiere hatte. Im Zentrum stehen dabei nicht nur die märchenhaften Sylphiden, mit der Luft verbundene, äußerlich filigrane Frauenwesen, sondern auch symphonische Ballette vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

Eine der ersten handlungslosen Choreografien dieses Genres war Michel Fokines „Les Sylphides“, 1909 von den Ballets Russes in Paris uraufgeführt. Der Reiz der Choreografie Fokines lag, neben der wunderbar musikalischen Interpretation von orchestrierten Klavierstücken Frédéric Chopins, in der Umsetzung durch die damals weltbesten klassischen Balletttänzerinnen und des Startänzers Vaslav Nijinsky, die unter Einbeziehung der Tradition dem Ballett neue Sichtweisen öffneten. Es gibt eine Fülle an feinen Details in Soli und kleinen Formen, die mit vom gesamten Ensemble getanzten Walzern in reizvollem Kontrast stehen.

Wiener Staatsballett/Ashley TaylorBritten, ergänzt

Olga Esina zeigt ein melancholisches Prélude, Elena Bottaro tanzt eine Marzurka, Ioanna Avraam führt einen großen Walzer an. Für die Orchesterfassung von Chopins Stücken wird auf eine Version Benjamin Brittens zurückgegriffen, die 1941 entstand, allerdings nicht zu allen Tänzen der Choreografie, daher für Wien von Colin Matthews ergänzt wurde. Für Britten-Kenner ist die sehr liebliche, weiche Fassung sicherlich eine Überraschung, für das Ballett jedoch versprüht sie eine Atmosphäre, die es den märchenhaften Sylphiden schwer macht, auch ihre Kraft und Härte, ihr seelenloses Wesen zu enthüllen.

Darauf landet Adi Hanan, Tänzerin des Wiener Staatsballetts, mit der Uraufführung von „Eden“ zu zwei Sätzen aus Franz Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ in der Orchesterversion von Gustav Mahler in der Gegenwart. Hanan ist eine talentierte Choreografin, versteht auch für größere Gruppen zu choreografieren, keine Selbstverständlichkeit in der gegenwärtigen Tanzwelt. 

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Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

Sie lässt zwei genderfluide Vierergruppen aufeinanderprallen, die unter den Augen einer Wächterin im Garten Eden Wege und Grenzen von Beziehungen ausloten. Zu Arvo Pärts „Spiegel im Spiegel“ für Violine und Klavier schält sich ein Paar aus einem dehnbaren Schlauch. Claudine Schoch und Marcos Menha tanzen, sozusagen als ein aus dem Ei gepelltes Menschenpaar, einen gefühlvollen, akrobatischen Pas de deux.

Der Schluss des Abends bringt eine erfreuliche Wiederbegegnung mit einem Stück des 2004 früh verstorbenen Uwe Scholz. So heißt seine 1986 entstandene Choreografie zu Mozarts Klavierkonzert in Es-Dur, KV 271, noch „Jeunehomme“. Erst viele Jahre später konnte die Musikwissenschaft klären, dass die Zuschreibung „Jenamy“ heißt. Die Widmungsträgerin Louise Victoire Jenamy war ausgerechnet die Tochter des bedeutenden Choreografen Jean-Georges Noverre. 

Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

Höchst tänzerisch ist die Umsetzung durch Uwe Scholz, herausragend inmitten eines nicht immer homogenen Ensembles Davide Dato als Solist, dessen unbezeichnete Rolle man als Mozart sehen kann, aber auch als Karl Lagerfeld. Dessen Uraufführungs-Ausstattung wurde für die Wiener Aufführung rekonstruiert.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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