Die Taylor Swift der Kunstfotografie: Albertina zeigt Francesca Woodman

Kultur
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„Tortured Poets Department“, Abteilung für gequälte Poeten: So nannte Popstar Taylor Swift ihr 2024 erschienenes Doppelalbum. Ihre Fans, die nach der Absage ihres Wien-Konzerts im Vorjahr unter anderem in die Albertina strömten, waren allerdings zu früh dort: Erst heuer offenbart sich hier die Abteilung für leidende Künstlerseelen im Ausstellungsprogramm. 

Neben dem 2019 jung aus dem Leben geschiedenen Maler Matthew Wong, der sich im Untergeschoß bis 19. 6. mit Vincent van Gogh (Selbstmord 1890) messen darf, strahlt im Obergeschoß bis zum 7. Juli eine Werkschau der Fotografin Francesca Woodman (1958-1981): In nur wenigen Jahren, großteils als Kunststudentin, schuf die US-Amerikanerin ein umfassendes Oeuvre von Schwarz-Weiß-Fotografien, in denen sie sich häufig selbst ins Bild setzte. Die Sammlung Verbund, die relativ früh Werke Woodmans kaufte, zeigt nun ihre gesamten Bestände, insgesamt 82 Werke sind zu sehen.  

Es gibt viel zu bewundern an diesen verrätselten Inszenierungen, die den Körper Woodmans oft in abgewohnten, aber symbolisch aufgeladenen Räumen platzieren, ihn teils hinter abgerissenen Tapeten verstecken oder – durch lange Belichtungszeiten oder bloße Abdrücke – verwischen und der Fassbarkeit entziehen.

Verrätselt

Das Geisterhafte, Unheimliche und Surreale hatte es der Tochter eines Künstlerpaares zweifellos angetan, sie fotografierte in der Wachsfigurensammlung La Spezia in Florenz (dem Vorbild für jene des Wiener Josephinums) ebenso wie in Abbruchhäusern ihres Studienortes in Rhode Island an der US-Ostküste. Die „Geisterfotografie“ des 19. Jahrhunderts, bei der gefälschte schwebende Stoffe die Existenz übersinnlicher Dinge dokumentieren sollten, stellte sie mit eigenen Mitteln nach. 

Woodman Family Foundation

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Im Parcours der Albertina wird aber auch deutlich, dass das Unfassbare, Ätherische in Woodmans Werk auch in jeder Menge Kalkül und Kunstwollen wurzelte – wobei es posthum freilich unmöglich ist zu sagen, wo bei der jungen Künstlerin die Grenze zwischen eviner intuitiven Anspielung und einem gezieltem Zitat genau verlief. 

Inspiration in Italien

Sichtbar ist nur, dass Woodman in ihrem Werk zahlreiche Knöpfe drückte, die bei einer einschlägig gebildeten Klientel erwartbare Reaktionen auslösen musste: Ein Selbstporträt im Profil scheint etwa streng dem Vorbild einer Fotografie von Virginia Woolf, einer weiteren „gequälten Poetin“, zu folgen. Das Zusammentreffen eines Frauenkörpers mit einem Schwan in einem anderen Bild klopft an den Leda-Mythos der antiken Mythologie an, eine Inszenierung mit phallisch-glitschigen Fischen fordert psychoanalytische Zugänge förmlich heraus. 

Die Gestik Woodmans in manchen Bildern lässt wiederum an Vorbilder im Expressionismus denken – nicht ganz zufällig paarte die britische Tate Gallery ihre Bilder 2018 mit einem anderen früh verstorbenen gequälten Poeten der Moderne, nämlich Egon Schiele.

Woodman Family Foundation

Als Tochter eines Kunstprofessoren-Ehepaars, das Teile seiner Zeit in einem Landhaus in der Toskana verbringen konnte, war Woodman zweifellos sensibilisiert für intellektuelle Anregungen aller Art – laut Weggefährten ergab sich daraus ein Startvorteil, aber auch erhöhter Druck, künstlerisch erfolgreich zu sein. 

Im falschen Jahrhundert

Woodman habe auf sie den Eindruck gemacht, sie sei „im falschen Jahrhundert geboren“, befand eine einstige Zimmergenossin 2014 gegenüber einer Journalistin des Guardian. Gleichwohl sei sie lustig und schräg gewesen, sagte ihre Mutter, die sich bis zu ihrem Tod 2018 um den Nachlass der Tochter kümmerte: Der frühe Suizid – Francesca Woodman stürzte sich 1981 aus einem Fenster in Manhattan – solle …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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