Immer mehr Pleiten: „Sie können sich das Leben nicht mehr leisten“

Wirtschaft

Zwar ist Arbeitslosigkeit die häufigste Ursache für eine Überschuldung, doch immer öfter führen die gestiegenen Lebenshaltungs- und Wohnkosten in die Pleite.

Österreichs Schuldnerberater haben alle Hände voll zu tun. Im Vorjahr wurden 60.500 Personen an 69 Standorten betreut. „Im Vergleich zu 2022 gab es im Vorjahr 17 Prozent mehr Erstkontakte als 2023, sprich 21.600 Personen haben sich erstmals an die Schuldnerberatung gewandt. Das ist der höchste Wert in den vergangenen zwölf Jahren“, sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer des Dachverbands der Schuldnerberatungen.

Geschätzt wird, dass bis zu 500.000 Personen hierzulande überschuldet sind. Valide Zahlen gibt es aber bis dato nicht. Vielen Menschen falle es aber nicht leicht, das finanzielle Scheitern einzugestehen.

„Immer mehr Menschen haben sehr wenig Einkommen, mehr als ein Drittel hat ein Einkommen unter dem Existenzminimum von 1.217 Euro“, sagt Mitterlehner. „Die Teuerung spielt eine immer größere Rolle. Die Klienten berichten, dass sie sich das Leben nicht mehr leisten können. Bei 12 Prozent der betroffenen Personen führten die Lebenshaltungs- und Wohnkosten zur Überschuldung. Diese Entwicklung ist dramatisch.“ Im Jahr 2022 betraf dies nur fünf Prozent der Personen. Auffällig ist, dass Frauen von den hohen Lebenshaltungskosten und Wohnkosten stärker in die Überschuldung getrieben werden als Männer – nämlich 14 Prozent.

„Die Lebenshaltungskosten haben eine massive Auswirkung auf die Verschuldungssituation, die Preissteigerungen bei Lebensmitteln, Mieten und Energie schlagen durch“, sagt Sozialminister Johannes Rauch. „Die Wohnkosten sind anhaltend hoch.“ Deshalb sei der Wohnschirm, dessen Beratungsstellen vor Verlust der Wohnung schützen sollen, mit 224 Millionen Euro dotiert worden.

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Keine Reserven

Hauptgrund für die Überschuldung war aber auch im Vorjahr bei einem Drittel der Personen Arbeitslosigkeit bzw. eine Einkommensverschlechterung. „Die Arbeitslosigkeit verursacht bei unseren Klienten große Probleme, wenn man weiß, dass die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld nur 55 Prozent beträgt“, sagt Mitterlehner. So ist es auch kein Wunder, dass arbeitslose Personen in der Schuldnerberatung fünf Mal so häufig vertreten sind wie in der Gesamtbevölkerung.

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„Die meisten Menschen haben nicht die finanziellen Reserven, um einen solchen finanziellen Schock auszugleichen“, sagt Mitterlehner. Er fordert daher die Anhebung der Nettoersatzrate auf 70 Prozent.

Doch manche Ursachen sind hausgemacht. „Jede fünfte Person ist aufgrund eines schlechten Umgangs mit Geld in die Überschuldung geschlittert, Grund ist die mangelnde Finanzbildung“, sagt Mitterlehner. „Bei Erwachsenen unter 30 Jahren beträgt der Anteil sogar 30 Prozent.“ Dabei fällt auch auf, dass 39 Prozent der jungen Klientel ein Einkommen unter dem Existenzminimum von 1.217 Euro haben und 38 Prozent der Jungen zum Zeitpunkt der Erstberatung arbeitslos sind.

Auffällig ist auch, dass knapp jede fünfte Person selbstständig tätig war und durch private Haftungen in die Überschuldung geschlittert ist. „Sie haben aus der Arbeitslosigkeit heraus ein Unternehmen gegründet und wir sehen, dass diese Unternehmen nur ein, zwei Jahre Bestand haben“, so Mitterlehner. „Sie scheitern und die Personen landen wieder in der Arbeitslosigkeit.“

Haben ehemalige Selbstständige im Schnitt Schulden in Höhe von 103.300 Euro, so hat eine private Person nur 55.600 Euro Schulden.

Dazu muss man aber wissen, dass sich Schulden, die nicht bezahlt wurden, in acht Jahren verdreifachen – durch Zinsen, Gerichts- und Inkassokosten. „Die Inkassobüros verdienen sich dumm und dämlich mit verschuldeten Personen“, sagt Minister Rauch. „Wir haben …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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