
Erfolgsregisseur Éric Besnard über seinen neuen Film „Louise und die Schule der Freiheit“, historischen Widerstand und die Schulpflicht
Von Susanne Lintl
Schon dass sie eine Frau ist, ist für die Provinzbewohner eine Revolution: Ende des 19. Jahrhunderts wird Louise Violet, eine Lehrerin, in ein abgelegenes Dorf in der Region Haute-Loire geschickt. Ein mehr als schwieriges Unterfangen, ist doch das Gesetz zur allgemeinen Schulpflicht in Frankreich gerade erlassen und mit größter Skepsis aufgenommen worden. Louise wird mit Misstrauen empfangen, keines der Dorfkinder findet sich zum Unterricht ein. Erst als der Bürgermeister ihr hilft, sie allen Familien vorstellt und Louise einer der Frauen im Dorf bei der Entbindung hilft, findet sie Akzeptanz – und die Kinder dürfen zu ihr in die Schule.
„Ich habe mich streng an die historischen Fakten gehalten, um diesen Kampf um Bildung für alle für das Kino aufzubereiten“, sagt Eric Besnard, Regisseur so erfolgreicher Filme wie „Birnenkuchen mit Lavendel“ oder „Die einfachen Dinge“ im KURIER–Gespräch. Mit seinem neuen Film „Louise und die Schule der Freiheit“ (derzeit im Kino) versetzt Besnard seine Zuseher in die Dritte Republik rund um 1880, als das Bildungssystem in Frankreich neu aufgestellt wurde.
„In der Dritten Republik, vom Sturz Napoleons III. bis zur Besetzung Frankreichs durch das nationalsozialistische Deutschland (1871-1940), wurde Frankreich grundlegend modernisiert. Ein professioneller öffentlicher Dienst wurde geschaffen, das Land wurde industrialisiert. Bildung sollte für alle zugänglich sein, ohne Rücksicht auf Einkommen oder sozialen Status. Gratis, laizistisch und verpflichtend. Lehrer wurden in alle Teile des Landes entsandt, aber sie mussten erst die Leute überzeugen, dass diese ihre Kinder in die Schule schicken. Wenn es eine gute Idee gibt, dann kann diese hundertmal als Gesetz niedergeschrieben sein, aber du musst sie auch umsetzen“, so Éric Besnard.
Widerstand gegen Väter
Aus Sicht der Erziehungsberechtigten habe es damals berechtige Gründe für Widerstand gegeben: „Die Kinder waren wichtige und unverzichtbare Arbeitskräfte, weil sie nichts kosteten. Und die Gesellschaft war geprägt vom Patriarchat, der väterlichen Autorität. Es war undenkbar, dass sich jemand von außen einmischt und diese Entscheidungsgewalt, was die eigenen Kinder machen dürfen und was nicht, in Frage stellt. Mit diesen Widerständen hatten die Lehrer – in diesem Fall die Lehrerin – zu kämpfen. Eine Frau als Widersacherin der ansonsten allmächtigen Väter, das war schon heftig.“
Kein Superstar
Alexandra Lamy, die Ex-Frau von Schauspielstar Jean Dujardin, spielt die Titelrolle der Louise Violet – ein bekanntes Gesicht in Frankreich, aber kein Superstar: „Ich suchte eine Art ,girl next door’, eine reelle und emphatische Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht. Alexandra erfüllte diese Erwartung, sie wirkt nicht abgehoben“.
Mit Grégory Gadebois, der den Bürgermeister Joseph spielt, verbindet Besnard eine wahre Komplizenschaft. „Wir verstehen und vertrauen einander, arbeiten immer wieder zusammen.“
Filmladen
Gibt es in Frankreich immer noch diese intellektuelle Kluft zwischen Stadt und Land, die er in seinem Film herausarbeitet?
„Ja, schon“, findet der Regisseur: „Die gibt es, aber vielmehr hat mich eine andere Frage bewegt, nämlich die: Auch wenn du eine richtige und gerechte Idee vertrittst, darfst du nicht glauben, dass du der oder die Einzige bist, der recht hat. Auch wenn Louise mit ihrem Eifer, den …read more
Source:: Kurier.at – Kultur