FPÖ in der Regierung: Warum die EU einst mit Sanktionen antwortete

Politik

Kaum noch vorstellbar: Die erste blaue Regierungsbeteiligung in Österreich bestraften die EU-Staaten mit Sanktionen. Was sie bewirkten – und warum es nicht wieder passieren wird.

Noch ehe Bundespräsident Thomas Klestil mit sichtbar sauertöpfischer Mine die erste schwarz-blaue Bundesregierung der österreichischen Geschichte angelobte, hatten die damals – nur 14 – anderen EU-Staaten bereits einen Entschluss gefasst: Sie wollten die Regierung von ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel und dessen Juniorpartner FPÖ mit Jörg Haider mit Sanktionen  „bestrafen“. 

Der Grund: Österreich hatte als erstes Mitgliedsland der EU die Brandmauer gegen Rechtspopulismus durchlöchert.  Besonders der französische Staatspräsident Jacques Chirac warnte vor einer Koalition mit den Freiheitlichen. Sowohl in Frankreich, damals mit Jean-Marie Le Pens Front National – als auch in Belgien waren Rechtsaußenparteien nach FPÖ-Vorbild ebenfalls auf dem Vormarsch. Mit einer FPÖ-Beteiligung seien die „europäischen Werte“ gefährdet, hieß es im Besonderen aus Paris und Brüssel; minderheitenfeindliche, rassistische Aussagen aus dem FPÖ-Umfeld schürten diese Sorgen.

Die Folge: Mit der Vereidigung der Regierung in Wien am 4. Februar 2000 traten die Sanktionen der EU-14 in Kraft. In der Erklärung der portugiesischen EU-Präsidentschaft war zwar von „Sanktionen“ keine Rede.

Konkret aber bedeutete dies, dass die Österreichische Regierung quasi „geschnitten“ wurde: „Die Regierungen der 14 Mitgliedsstaaten werden keinerlei offizielle bilaterale Kontakte auf politischer Ebene mit einer österreichischen Regierung unter Einbindung der FPÖ betreiben oder akzeptieren“, drohten die EU-Partner. Zudem wurde jede Unterstützung für potenzielle österreichische Kandidaten verweigert, die Positionen in internationalen Organisationen anstrebten“. Und österreichische Botschafter wurden in den EU-Hauptstädten nur noch auf technischer Ebene empfangen. 

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Fazit: „kein business as usual“ mehr. 

Kein Skiurlaub mehr in Österreich

Einzelne Spitzenpolitiker wie der damalige belgische Außenminister Louis Michel gingen sogar soweit, ihre Staatsbürger vor Skiurlauben in Österreich zu warnen.

Wogegen Jörg Haider, der im Februar 2000 vom FPÖ-Vorsitz zurücktrat, auf seiner Seite Öl ins Feuer goss: Beim Politischen Aschermittwoch der Freiheitlichen im März ätzte er über Frankreichs Staatschef Chirac als „Westentaschen-Napoleon des 21. Jahrhunderts“.

Im Gegensatz dazu distanzierte sich die EU-Kommission in Brüssel von den Maßnahmen: Sie teilte zwar die Sorge vor einer FPÖ-Regierungsbeteiligung, erhielt aber die Beziehungen zu Österreich normal aufrecht. Das offizielle Credo der Behörde in Brüssel: Mit jeder Regierung eines EU-Staates müsse zusammengearbeitet werden, in innenpolitische Angelegenheiten mische man sich nicht ein.

Folge der „Sanktionen“, die keine wirtschaftlichen, sondern nur diplomatisch-politische waren: „Sie wollten eine demokratisch legitimierte Regierung verhindern“, sagte Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel Jahre später in einem APA-Interview. „Das ist zurecht mit einer krachenden Bauchflecklandung geendet. Und daraus wurden auch Lehren gezogen.“

Die Exit-Strategie

Nach Innen rückten die Österreicher zusammen, wollten sich von außen nicht diktieren lassen, wen sie wählen sollen. Die EU-Skepsis nahm zu, in einem Maß, das auch die anderen europäischen Staaten dazu brachte wieder umzudenken. Wie rauskommen aus diesen „Sanktionen“, die nirgendwo hinführten?

Aufgehoben wurde die diplomatische Isolation Österreichs durch die EU-14 sieben Monate später, Mitte September 2000. Zuvor hatten die Staaten einen dreiköpfigen Weisenrat einberufen, der Österreich überprüfen sollte: Zu ihm gehörten Finnlands Ex-Präsident Martti Ahtisaari, der deutsche Völkerrechtler Jochen Frowein und der frühere spanische EU-Kommissar Marcelino Oreja. 

Gemeinsam kamen sie zum Schluss,  dass die österreichische Regierung für die europäischen Werte eintritt und die Rechtslage jener der anderer EU-Staaten …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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