
Dieser Tage geht in Paris eine lange Karriere zu Ende. Wie er bereits im Oktober angekündigt hatte, bestreitet der Franzose Richard Gasquet, bald 39, bei den French Open sein letztes Turnier als Profi. Die Veranstalter haben dem inzwischen auf Rang 166 der Weltrangliste abgerutschten Local Hero – Ehrensache – eine Wild Card zur Verfügung gestellt.
Sein erstes Match auf ATP-Ebene hatte der damals erst 15-jährige Gasquet 2002 in Monte Carlo bestritten – und gewonnen. Insgesamt gewann er in 23 Jahren 609 Matches, mehr hat von den aktiven Spielern nur Novak Djokovic auf dem Konto. Er war 19 Jahre lang ununterbrochen in den Top 100 und ist mit 16 Turniersiegen der drittbeste Franzose der Tennis-Neuzeit (hinter Yannick Noah und Jo-Wilfried Tsonga). Man kann einerseits also von einer großen Karriere sprechen. Andererseits hätte sie noch viel größer sein können.
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16 ATP-Turniere hat Richard Gasquet im Lauf seiner langen Karriere gewonnen, das letzte im Jänner 2023 in Auckland, Neuseeland.
Der in der südfranzösischen Gemeinde Serignan aufgewachsene Gasquet – sein Vater betrieb den örtlichen Club – war ein Tenniswunderkind. Schon mit drei stand er an der Ballwand, und bereits als Neunjähriger war er auf dem Cover des französischen Fachmagazins Tennis. Titelzeile: „Der Champion, auf den Frankreich wartet?“
Zunächst sah es ganz danach aus.
Mit zwölf gewann er das prestigeträchtige Jugendturnier Les Petits As – und stellte anschließend fest, dass er als Sieger mit der Gewinnerin des Mädchenbewerbs tanzen muss, was ihm furchtbar peinlich war. 2002 gewann er die Juniorenbewerbe der Grand-Slam-Turniere in Paris und New York.
„Wie Mozart“
Der englische Guardian brachte damals einen Artikel über das Supertalent und zitierte einen Funktionär des französischen Tennisverbands: „Er ist wie Mozart“, sagte der. „Man kann sich kaum einen Spieler in seinem Alter vorstellen, der so gut spielt wie er. Er hat keine technischen Schwächen.“
Zu Gasquets härtesten Gegnern als Junior gehörte der 15 Tage ältere Rafael Nadal, den er anfangs oft geschlagen hat. Auf Profi-Ebene hatte er dann keine Chance mehr, die Head-to-head-Bilanz lautet 18:0 für den Spanier.
Zwar sehen im Vergleich mit dem Ausnahmesportler Nadal viele Kollegen schlecht aus, aber für Gasquet gilt trotzdem, dass er das selbst gegebene Versprechen nicht ganz einlösen konnte.
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Gegen den 15 Tage älteren Rafael Nadal hat Gasquet als Jugendlicher oft gewonnen. Auf Profi-Ebene lautete die Bilanz dann 18:0 für den Spanier.
In der Weltrangliste war Platz 7 die beste Platzierung (2007), bei Grand-Slam-Turnieren waren drei Semifinale (zweimal Wimbledon, einmal US Open) die größten Erfolge, seine 16 ATP-Turniersiege holte er alle auf der niedrigsten Ebene (250). Die meisten Profis können von einer solchen Karriere – zu der auch eine Olympia-Bronzemedaille (2012 im Doppel) und ein Davis-Cup-Sieg mit Frankreich (2017 gegen Belgien) gehören – nur träumen, aber für einen Spieler, der schon mit Mozart verglichen wurde, gelten eben andere Maßstäbe.
Wäre Gasquet ein Fußballer, würde man von einem schlampigen Genie sprechen; einem Zangler mit exzellenter Technik, dem der Killerinstinkt fehlt. Er ist 1,95 Meter groß, aber eher schmächtig, er ist keine Aufschlagkanone und kein „hard hitter“.
Seine größte Stärke ist die – einhändige und gern entlang der Linie geschlagene – Rückhand. Sie …read more
Source:: Kurier.at – Sport