China erhöht erstmals seit 1950 das Pensionsalter – die Jugend ist sauer

Politik

Scheinbar nebenbei hat die chinesische Regierung zum ersten Mal seit 1950 das Pensionsantrittsalter angehoben. In der Bevölkerung sorgt das für Zorn – aber aus anderen Gründen als in Europa.

Es war ein historisches Ereignis, doch chinesische Staatsmedien hingen es bewusst nicht an die große Glocke. 

Der TV-Sender CCTV ließ in seinen Hauptabendnachrichten am vergangenen Freitag ganze 35 Minuten verstreichen – 20 Minuten drehten sich um künftige Auftritte des Machthabers Xi Jinping – bis die Moderatoren die kurze Meldung verlasen: Chinas Regierung hat entschieden, das Mindestpensionsalter anzuheben – zum ersten Mal seit 74 Jahren.

Diese Entscheidung war unausweichlich, da sind sich Politologen und Ökonomen einig. China verfügt, ähnlich wie in Österreich, über ein staatliches Pensionssystem, in das alle Arbeitgeber und -nehmer einzahlen müssen.

Im Vergleich zu ähnlich entwickelten Nationen gehen Chinesen jedoch außergewöhnlich früh in Pension, im Schnitt mit 54 (Österreicher mit 61). Angesichts der rasant alternden Bevölkerung ist das ein gewaltiges Problem.

Noch liegt das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Männer bei 60, für Frauen bei 55 und für Frauen in körperlich anstrengenden Berufen bei 50 Jahren. Diese Regelung stammt noch aus dem Jahr 1950, als China verarmt und kriegsversehrt war und die durchschnittliche Lebenserwartung bei gerade einmal 35 Jahren lag. 

Heute werden Chinesen im Schnitt 77 Jahre alt und damit länger vom Staat versorgt als in jeder anderen Industrienation. Selbst konservativen Schätzungen zufolge wäre dem staatlichen Pensionsfonds Chinas unter der bisherigen Gesetzeslage 2035 das Geld ausgegangen.

Vorsichtige, schrittweise Reform bis 2040

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Die neue Regelung sieht vor, dass Männer erst ab 63, Frauen ab 58 und Frauen in körperlich anstrengenden Berufen ab 55 in Pension gehen dürfen. Allerdings erst ab dem Jahr 2040. Bis dahin wird die Schwelle schrittweise angehoben, beginnend mit dem 1. Jänner 2025.

Konkret heißt das: Das Mindestpensionsalter für Frauen in körperlich anstrengenden Berufen erhöht sich ab dann alle zwei Monate um ein Monat, für den Rest der Bevölkerung alle vier Monate um ein Monat.

Diese auffällig vorsichtige Herangehensweise ist nicht unbegründet. Die Angst vor dem Zorn des Volkes ist groß, gerade weil Massenproteste gegen Pensionsreformen in anderen Ländern – etwa 2018 in Russland oder 2023 in Frankreich – als Warnung dienen.

Im aktuellen wirtschaftlichen Fünfjahresplan heißt es deshalb, Änderungen am Pensionssystem müssten mit „kleinen Schritten“ umgesetzt werden, um die „soziale Stabilität“ nicht zu gefährden. Trotzdem ist der Unmut vieler Chinesen schon jetzt spürbar, auch wenn der staatliche Kontroll- und Überwachungsapparat öffentliche Proteste wohl verhindern wird.

Zorn in den sozialen Medien: „Sie hocken auf dem Klo, ohne zu scheißen“

In den chinesischen sozialen Medien wurde dermaßen viel Kritik laut, dass die Zensoren der Regierung nicht rechtzeitig mit dem Löschen nachkamen: Alleine auf dem Messengerdienst Weibo waren es in den ersten Stunden nach Bekanntgabe der Maßnahme 870 Millionen Beiträge.

Grund für den Ärger der meisten Nutzer ist aber nicht etwa die Tatsache, dass der Durchschnittschinese künftig länger arbeiten muss – schon jetzt gehen die meisten Pensionisten in China bis ins hohe Alter Gelegenheitsjobs nach, um sich finanziell über Wasser zu halten.

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Im Gegenteil: Vor allem jüngere Chinesen zürnen darüber, dass gut bezahlte Jobs nun länger von den Älteren besetzt werden.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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