
1.200 Euro jeden Monat neu auf dem Konto – drei Jahre lang und das ganz ohne Bedingungen. Einzige Voraussetzungen für die 122 Testpersonen, die in Deutschland vom Verein Mein Grundeinkommen für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie auserkoren wurden: Sie mussten allein leben, zwischen 21 und 40 Jahre alt sein und einen Job haben, bei dem sie zwischen 1.100 und 2.600 Euro netto pro Monat verdienten.
Ist dieses Modell eines bedingungslosen Grundeinkommens, wo jeder Staatsbürger ohne eigene Leistung Geld zum Überleben bekommt, auf die allgemeine Gesellschaft umlegbar? Und wie hat sich das Leben der Teilnehmer verändert? Diese Woche wurden die Ergebnisse der Studie, die vom Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW) und der Wirtschaftsuni Wien begleitet wurde, präsentiert.
Was alle Forscher überraschte: Kein einziger der Testpersonen hat das Arbeiten aufgegeben. „Vielmehr waren sie mental gesünder, glücklicher und selbstbestimmter“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Vereins „Mein Grundeinkommen“, Klara Simon.
Befürchtungen, das bedingungslose Grundeinkommen führe dazu, dass die Menschen dann faul würden und zu wenige Menschen überhaupt noch arbeiten wollen würden, konnten die Forscher nicht bestätigen.
Martina Pelz, junge Akademikerin, war eine der Testpersonen. Jahrelang hatte sie sich von Projekt zu Projekt an der Uni gekämpft, eine Anstellung war nicht in Sicht. Mit dem Grundeinkommen als Sicherheit, schildert sie, habe sie sich Zeit genommen und gewagt, ein kurzfristiges Projekt auszuschlagen und stattdessen in aller Ruhe ein Fixanstellung zu suchen. Mit Erfolg.
APA/AFP/INA FASSBENDER
Eine andere Teilnehmerin hat mit dem zusätzlichen Geld eine Schwimmschule eröffnet, die mittlerweile 5 Standorte und 20 Mitarbeiter hat. Letztlich hatten alle Studienteilnehmer und Teilnehmerinnen das zusätzliche Geld entweder für eine Zusatzausbildung verwendet oder ein Studium begonnen.
Auch die mentale Gesundheit habe sich stark verbessert, sagte Susann Fiedler, Psychologin und Verhaltensökonomin vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern. Bei der Lebenszufriedenheit sei laut Studie ein deutlicher Anstieg zu sehen: „Wir reden hier also über echt große Effekte, die die neue Einkommensquelle durch das Grundeinkommen hier auslöst.“
Ein Drittel wird gespart
Wie wurde das Geld verwendet? Mehr als ein Drittel der Zahlungen wurden gespart, etwa die Hälfte in Konsum investiert. Ein weiterer Teil wurde für Freunde und Familie oder Spenden ausgegeben. Weiteres Plus des bedingungslosen Grundeinkommens, wie es die Langzeitstudie besagt: Weil Druck und Stress gesunken sind, haben fast alle Teilnehmer mehr Zeit pro Woche mit Freunden und Familie verbracht.
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (DIW) reagierte dennoch kritisch auf die Ergebnisse des Projekts. Die Zahl der Teilnehmer sei viel zu gering, um daraus entscheidende Schlüsse zu ziehen: „Aus diesen Ergebnissen Ableitungen für eine ganze Volkswirtschaft bilden zu wollen, ist fragwürdig“, heißt es in einer IW-Mitteilung.
Anstatt bedingungslos Geld zu verteilen, solle die Gesellschaft diejenigen unterstützen, die Hilfe benötigen. „Denn wer wie im Falle des Bedingungslosen Grundeinkommens Ungleiches gleichbehandelt, macht die Welt kein Stück besser.“
Politiker fast aller Parteien und Ökonomen halten halten ein System, wo alle Bürger ohne Bedingungen ein Grundeinkommen erhalten, für schlicht unfinanzierbar.
Der Verein „Mein Grundeinkommen“ sieht das anders, zu finanzieren sei das Ganz vor allem durch eine höhere Einkommensteuer, die Abschaffung von Steuerprivilegien und nicht mehr notwendige Sozialleistungen.
Ähnliche Versuche wie nun in Deutschland gab es bereits in Finnland: Die …read more
Source:: Kurier.at – Politik