
Zehn Monate vor Ablauf der Frist zieht der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) eine ernüchternde Bilanz: Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie RED III, die zentrale Weichen für den Ausbau erneuerbarer Energien stellt, hinkt Österreich massiv hinterher.
EEÖ
Kein einziges Bundesland hat bislang die nötigen Flächenpotenziale für Wind, Sonne oder Biomasse per Verordnung erfasst – obwohl dies bis spätestens heute, dem 21. Mai 2025, erfolgen müsste, um im darauffolgenden Februar sogenannte „Beschleunigungsgebiete“ für die unbürokratische Genehmigung von Projekten auszuweisen.
Analyse offenbart Stillstand auf Länderebene
Ein vom EEÖ in Auftrag gegebenes „juristisches Umsetzungsradar“ offenbart große Unterschiede zwischen den Bundesländern – und viele Leerstellen:
Kein Bundesland hat bisher vollständig umgesetzt, was Artikel 15 der RED III verlangt – etwa zu beschleunigten Genehmigungen, One-Stop-Shops oder transparenten Gebührenmodellen.
Besonders schlecht steht es um die Integration erneuerbarer Energien in Raumplanung und Stadtentwicklung – ein zentraler Baustein für langfristige Dekarbonisierung.
Die gesetzlich geforderte Erfassung geeigneter Flächen bis Mai 2025 ist in allen Ländern bisher nicht erfüllt.
Der Befund: Neun unterschiedliche Landesstrategien hemmen eine einheitliche Energiewende. „Derzeit entscheiden neun verschiedene Bundesländer über den Erfolg der Transformation – und viele davon zögern zentrale Maßnahmen hinaus. Wenn die Beiträge der Bundesländer nicht festgezurrt werden, dann befindet sich Österreich weiterhin im energiepolitischen Blindflug“, so EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig.
Was RED III verlangt – und warum das problematisch ist
Die RED III-Richtlinie verpflichtet alle EU-Staaten, den Anteil erneuerbarer Energie bis 2030 massiv zu steigern. Für Österreich bedeutet das konkret:
60 % Anteil Erneuerbarer am Endenergieverbrauch,
100 % Ökostrom,
70 % Erneuerbare im Gebäudesektor (Wärme/Kälte).
Um diese Ziele zu erreichen, muss Österreich unter anderem:
seit 1. Juli 2024 One-Stop-Shops für Genehmigungen bereitstellen,
bis 21. Mai 2025 potenzielle Flächen für Beschleunigungsgebiete erfassen,
bis 21. Februar 2026 diese Flächen auch verbindlich ausweisen.
Dabei liegt der Großteil der Umsetzungsverantwortung auf Länderebene – während der Bund gegenüber Brüssel haftet. Ein „typisch österreichisches Umsetzungsdilemma“, nennt das der Energierechtsexperte Florian Stangl: „Der Bund muss liefern, die Länder müssten handeln – und tun es nicht.“
EEÖ
Überragendes öffentliches Interesse
Artikel 16 der EU-Richtline sagt, dass „bis zum Erreichen der Klimaneutralität davon ausgegangen wird, dass erneuerbare Energie-Anlagen, Speicher und Netze im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen“.
Diese Feststellung ist wesentlich für Abwägungen von Interessen im Genehmigungsverfahren, wo die enorme gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Bedeutung des Erneuerbaren-Ausbaus bisher noch nicht ausreichend verankert war, heißt es seitens des EEÖ. Doch dieses „überragende öffentliche Interesse“ hätte von allen Mitgliedstaaten mit Fälligkeit heute, 21.2.2024, in nationalem Recht festgeschrieben sein. Bis heute wurde es nicht in jedem Bundesland übernommen. Ein Drittel der Bundesländer ist säumig.
EEÖ-Forderung: Ein bundeseinheitliches Ausbaugesetz
Angesichts der föderalen Blockaden fordert der EEÖ nun ein klares Signal vom Bund: Ein bundeseinheitliches Erneuerbaren-Ausbaugesetz (EABG) soll einheitliche Rahmenbedingungen schaffen – etwa für Genehmigungsprozesse, Flächenwidmung, öffentliche Interessenabwägung und Umweltverfahren. Sprich: die Länder sollen die Kompetenzen dafür abgeben.
„Der Bund muss eingreifen, wenn Länder blockieren“, so Prechtl-Grundnig. Andernfalls drohen nicht nur Vertragsverletzungsverfahren der EU, sondern auch wirtschaftlicher Schaden: Investitionen blieben aus, Projekte wanderten ins Ausland ab.
In der Zwischenzeit warnt der EEÖ vor massiven Versäumnissen: Ohne koordinierte Flächenplanung, vereinfachte Verfahren und klare Rechtsgrundlagen für Projektentwickler sei ein systematischer Ausbau unmöglich.
„Die Zeit für Pilotprojekte ist vorbei“, sagt Prechtl-Grundnig. „Jetzt …read more
Source:: Kurier.at – Politik