Gewalt in Fußballstadien: Warum eskalieren Männer dort immer wieder?

Sport

„In dem Moment geht der Impuls durch“: Welche Dynamiken stecken hinter Gewaltvorfällen in Fußballstadien?

Es waren mehr als beunruhigende Szenen, die sich am Sonntagabend nach Abpfiff des Wiener Fußball-Derbys zwischen Rapid und der Austria abgespielt haben.

Nach dem Sieg der Hütteldorfer landete ein Böller im Familiensektor der Rapid-Osttribühne, es folgten Beschüsse mit pyrotechnischen Gegenständen und wüste Schlägereien auf dem Spielfeld. Fans und auch Polizisten wurden dabei verletzt, es kam zu zahlreichen Anzeigen. 

Ausschreitungen im Stadion: Frage nach dem Warum

Die Trainer beider Mannschaften verurteilten die Ausschreitungen scharf. Ein Novum sind solche Zwischenfälle aber bei weitem nicht. Und immer wieder steht danach die große Frage im Raum: Warum musste das sein? 

Warum wird eine Sportveranstaltung zum regelrechten Schlachtfeld, auf dem Fäuste sprechen müssen? Oder gar Pyro-Geschütze zum Einsatz kommen? Warum muss all jenen, die aus Freude am Sport dabei sein und das Match live mitverfolgen wollen, das Erlebnis so verdorben werden? Warum vergessen die Randalierenden, dass auch Kinder im Stadion verletzt werden könnten? Warum müssen alle anderen Fans gar Angst davor haben, zu einem Spiel zu gehen?

Alexander Seppelt von der Männerberatung Wien ist selbst Fußball-Fan und war beim Match am Sonntagabend vor Ort im Allianz Stadion. Mit dem KURIER sprach er über die komplexen Dynamiken, die bei Männern zu derartigen Gewaltausbrüchen führen.

Austria-Fans warfen am Sonntag aus ihrem Sektor Böller auf die angrenzende Familientribüne und provozierten so die Eskalation. Wie kann Enttäuschung über ein Spielende zu so einer Gewaltreaktion führen?

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Diese Leuchtrakete wurde genau in jenen Sektor geschossen, wo die wirklich friedlichsten Zuschauenden sitzen. Es gibt ja gewisse Kodizes zwischen den Fangruppen, und einer davon besagt: Wir können uns halbtot schlagen, aber unsere Frauen und Kinder werden nicht angerührt. Aus meiner Sicht war diese Handlung also eine bewusste Provokation. 

Die Rapid-Anhänger reagierten prompt darauf, es kam zum Platzsturm und zur Schlägerei. Was sind das für Dynamiken, die Männer in so einem Moment anstacheln?

Gewalt ist nach wie vor ein Konfliktlösungsmuster von vielen Männern. Als ich in den 80er-Jahren in der Männerberatung angefangen habe, hatte ich die Hoffnung, dass das nicht mehr so sein wird, wenn ich einmal älter bin (lacht). Aber es hat sich leider wenig verändert. Gewalt ist eine Reaktion, auf die man schnell mal zugreifen kann. 

Ich gehe seit Jahren ins Stadion und bekomme den Wahnsinn mit, der im Block West so passiert. Da sind Fans, die halten Banner hoch und brüllen: „Tod und Hass dem FAK!“ – auch bei diesem Derby wieder. Und kein Mensch, auch nicht von den Verantwortlichen, unterbindet das. Und mit solchen Sprechchören fängt es an, denn dann ist es irgendwann vielleicht nicht mehr schwierig, diesen Menschen, denen man „Tod und Hass“ wünscht, auch eines auf die Birne zu hauen. 

Auch spielt das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit ganz stark mit. Man fühlt sich im Stadion als „Familie“ – und jeder, der diese kritisiert oder gefährdet, wird vehement abgewertet oder attackiert. Wenn dann vielleicht noch Alkohol und Drogen hinzukommen, kann die Situation schnell aus dem Ruder laufen. 

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Ist diesen Fans nicht bewusst, dass am Ende auch die …read more

Source:: Kurier.at – Sport

      

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