„Bleiben heißt Stagnation“: Chemiker Nuno Maulide über Erfolg in der Forschung

Wirtschaft

Österreichs Forscher brechen den eignen Förderpreis-Rekord. Chemiker Nuno Maulide erklärt, warum Millionen nur fünf Jahre halten und warum eine hohe Fluktuation im Team gut ist.

Es war ein chaotischer Start in den Tag, entschuldigt Nuno Maulide seine Verspätung und kommt direkt in einen Redefluss. „Ich war mit meinen Zwillingen beschäftigt.“ Dadurch hätte sich vieles in der Arbeit angestaut. „Wenn man da nicht extra vorsichtig ist, entstehen Fehler“, erklärt er. Fehler sind in seinem Beruf aber keine Seltenheit – und meist kein Problem. Vor allem für ihn: „Ich mache zwar viele Fehler, aber ich habe eine Eigenschaft, die selten ist: Ich höre mir sehr gerne Kritik an und entschuldige mich, wenn ich etwas falsch gemacht habe.“

Was Nuno Maulide beruflich macht? Er ist Chemiker sowie Professor an der Universität Wien und leitet sein eigenes Forschungsteam.

Ein Nährboden für Konflikte

Als Chef müsse man bereit sein, eine logische Argumentation auf sachlicher Ebene zu führen, setzt Maulide fort. Ist das gegeben, akzeptiert er jegliche Kritik. Eine positive Haltung, die dem Chemiker leicht zu fallen scheint. Allein während des Gesprächs wird sein Charisma deutlich. Er lacht viel, nimmt kein Blatt vor den Mund und versucht komplexe Themen einfach herunterzubrechen, ohne dabei überheblich zu wirken.

Trotzdem oder vermutlich genau deswegen wird er im Arbeitsalltag mit viel Emotionalität konfrontiert. Nicht selten komme es vor, dass ein Mitarbeiter in seinem Büro in Tränen ausbricht. „Das gehört zum Forschen dazu“, meint er. „Wir sind im Bereich der experimentellen Chemie. Arbeiten oft eng in einem Labor zusammen und das mehrere Stunden am Tag.“ Ein Nährboden für Konflikte.

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„Manche Teams passen nicht zusammen“, so der Forscher. „Es ist wie im Fußball. Taktik und Strategie sind das Einfachste. Der menschliche Faktor ist die Herausforderung.“ Da sei es gut, dass es im Team eine höhere Fluktuation gibt. Probleme würden sich so von selbst lösen. Sein Team besteht nämlich aus 20- bis 35-jährigen Doktoranden oder Postdoktoranden, die meist schnell weiterziehen. Niemand würde wirklich länger als drei Jahre bleiben. In der Forschung sei das ganz normal und bei gewissen Teamkonstellationen eben ein Vorteil.

So knallhart sind wir nicht

Aber auch sonst sieht Maulide Rotationen positiv. Mit Abwechslung gehe eine Erfrischung einher. „Bleiben, heißt Stagnation.“ Ein Todesurteil für die Forschung.

Das allein garantiere jedoch noch nicht den Erfolg in der Wissenschaft. Es brauche auch Exzellenz. Etwas, das eine richtige Person in ein Team oder gar eine ganze Institution bringen kann. „In Europa sind wir etwas zu sozial. In Amerika ist man strenger, sehr leistungsorientiert. Wenn man die Voraussetzungen nicht erfüllt, bekommt man den Job nicht. So knallhart sind wir nicht.“ Was nicht heißt, dass man nur Koryphäen einstellen sollte: „Aber es braucht ausgewählte Stars. Sonst gewinnt die Mittelmäßigkeit.“

Von der Mittelmäßigkeit weit entfernt, scheint die österreichische Forscherszene zu sein, die heuer mit 24 ERC-Grants einen Rekord brechen konnte. Diese Förderpreise werden seit 2017 vom Europäischen Forschungsrat (ERC) an exzellente Wissenschafterinnen und Wissenschafter vergeben. „Das ist bemerkenswert“, so Maulide – und wichtig, denn ohne Förderungen wäre Forschung schwer möglich. Dabei rentiert sie sich, steigert die Attraktivität eines Standorts, bringt Verbesserungen in Gesellschaft und Technologie.

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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