Filmkritik zu „Civil War“: Was für eine Art von Amerikaner sind Sie?

Kultur

In Alex Garlands packendem Thriller tobt der Bürgerkrieg auf den Straßen Amerikas. Mit Kirsten Dunst als Reporterin

In den USA hat das Antikriegsdrama „Civil War“ die Schlacht gewonnen – an den Kinokassen. Der brutale Bürgerkriegsthriller von Alex Garland („Ex Machina“, „Men“) garantierte dem Brit-Regisseur am Eröffnungswochenende die stärksten Einspielergebnisse seiner bisherigen Karriere; gleiches gilt für sein Produktionsstudio, die Hipster-Schmiede A24.

Der PR-Aufwand, den A24 in allen (sozialen) Medien betrieb, war enorm. Mit Werbeslogans wie „Was für eine Art von Amerikaner sind Sie?“ befeuerte das Studio das bekannte Narrativ von Amerika als einem zutiefst polarisierten Land; und einem Ex-Präsidenten, der dem Sturm auf das Kapitol wohlwollend zugesehen hatte.

In Garlands USA der unmittelbaren Zukunft tobt der Bürgerkrieg. Militärpatrouillen kontrollieren die Straßen, Scharfschützen feuern in die Menge, Plünderer baumeln aufgeknüpft von den Bäumen. Wer genau gegen wen kämpft, bleibt vage. Garland verweigert sich klaren parteilichen Bruchlinien und verwischt stattdessen die politische Landkarte. In Washington DC sitzt ein diktatorischer Präsident, dem die Western Forces gegenüberstehen. Angeführt von Texas und Kalifornien, zwei Bundesstaaten, die im echten Leben kaum unterschiedlicher sein könnten, wollen sie sich von den Vereinigten Staaten loslösen.

Constantin

Roadtrip durch eine Landschaft des Bürgerkriegs: „Civil War“

Durch eine Landschaft der (para-)militärischen Gewalt legt Garland ein dystopisches Roadmovie, in dem vier Kriegsreporter Richtung Washington aufbrechen. Die immer tolle Kirsten Dunst spielt eine Starfotografin namens Lee, deren müdes Herz seinen moralischen Kompass verloren hat. An ihrer Seite befinden sich zwei Veteranenkollegen, aber auch eine etwas kopflose Newcomerin („Priscilla“-Darstellerin Cailee Spaeny), für deren Wohlergehen sich Lee verantwortlich fühlt. Denn die Reise ist lebensgefährlich.

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Zu den unangenehmsten Szenen gehört jene, in der die Journalisten von einem bewaffneten Psychopathen mit erdbeerroter Brille aufgehalten und gefragt werden: „Was für eine Art von Amerikaner sind Sie?“

Wer die falsche Antwort gibt („Ich bin aus Hongkong“), wird exekutiert.

Constantin

Kriegsreporter in Lebensgefahr: Cailee Spaeny und Wagner Moura in „Civil War“

Seitenhieb auf Trump

In Interviews beteuerte Garland, dass er Journalisten bewundere, die versuchten, unvoreingenommen zu berichten; ihnen wollte er ein Denkmal setzen. Der Seitenhieb auf Trump und dessen Dämonisierung der Presse ist schwer zu übersehen. Auf dem hochgepitchten Soundtrack von „Civil War“ korrespondiert das Klicken der Kameras mit den Gewehrschüssen, dramatische Standaufnahmen unterbrechen den Fluss der Kriegsbilder.

Constantin

Kirsten Dunst als Kriegsreporterin in Alex Garlands „Civil War“

Trotzdem fühlen sich ausgerechnet die durchwegs geführten Debatten rund um das Ethos der Kriegsfotografie und deren Wichtigkeit ein wenig altbacken an. Auch die gekonnt inszenierten Militäreinsätze – inklusive der Erstürmung des Weißen Hauses – weisen nicht wesentlich über den Tellerrand anderer Kriegsfilme hinaus.

Alex Garlands Schocker ist tatsächlich ein sehenswertes, eindrucksvoll gespieltes, packendes Stück Antikriegskino; aber es ist auch spürbar spekulativ, effekthascherisch und in seiner politischen Unschärfe verwaschen. Die Bilder vom Sturm auf das Kapitol sind weit beunruhigender als „Civil War“.

INFO: USA/GB 2024. 109 Min. Von Alex Garland. Mit Kirsten Dunst, Wagner Moura.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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