Ein bitterböser Karneval: „Der Diener zweier Herren“ fasziniert in Kobersdorf

Kultur

Wolfgang Böck zeigt heuer Peter Turrinis Goldoni-Bearbeitung: Viel Applaus für diese denkwürdige Aufführung.

Von Susanne Zobl

Wer sich für die Premiere der Schlossspiele in Kobersdorf entschieden hat und nicht für das EM-Spiel Österreich gegen die Türkei, hatte eindeutig das bessere Programm gewählt, nicht nur wegen dessen deplorablen Ausgangs.

Denn in der 21. Ausgabe seiner Intendanz würdigt Wolfgang Böck einen der zentralen österreichischen Dramatiker des 20. und 21. Jahrhunderts, Peter Turrini, dessen 80. Geburtstag im September bevorsteht. Er wurde bereits vor der Aufführung mit Bravos begrüßt.

„Würdigen“ trifft hier in jeder Hinsicht zu, denn die Aufführung von Turrinis Goldoni-Bearbeitung, „Der Diener zweier Herren“, fasziniert von der ersten bis zur letzten Minute.

Umgekehrte Verhältnisse

Turrini hatte diese 2007 im Auftrag der Josefstadt geschrieben. Er verlegt den Klassiker der Commedia dell’Arte in den Karneval nach dem Ersten Weltkrieg und kehrt die gesellschaftlichen Verhältnisse um. Der Arlecchino ist bei ihm ein Kriegsheimkehrer, dessen einzige Lebensperspektive eine Mahlzeit ist.

Goldonis gewitzter Diener, der seine beiden Herren vor sich hertreibt, wird hier zum Gehetzten. Die armen Leute sind Bedienstete von mafiösen Unternehmern.

Regisseurin Beverly Blankenship zollt mit ihrer präzisen Inszenierung Turrinis schärfster Sozialkritik Tribut und lässt, den Text, der über die Jahre nichts an Brisanz verloren hat, im richtigen Tempo wirken.

Verstörend stark

Rot gewandete Gestalten mit weißen Masken bringen mit ihren Gesängen (sehr gute musikalische Gestaltung von Rebecca Blankenship) venezianisches Flair auf die Bühne (Erich Uiberlacker arbeitet mit Licht) im Schlosshof.

Die Szene zu Beginn, wo der alte Arlecchino in Gestalt von Hubsi Kramar dem Heimkehrer sein Kostüm übergibt, bevor er aus dem Leben scheidet, ist verstörend stark.

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VOGUS – Wolfgang Voglhuber

Nico Dorigatti zeigt den jungen Harlekin mit einem hohen Maß an Virtuosität. Fulminant wandelt er tänzelnd, verschreckt durchs Geschen und berührt bis ins Innere, wenn er zum Mitsingen der „Internationalen“ auffordert.

Böck macht sich den Pantalone alias Sansuga Sacchi zur Glanzrolle. Bestechend stark agiert der als Fernseh-Polizisten „Trautmann“ Beliebte zum kriminellen Transportunternehmer und zeigt mit Schärfe einen Mann, der seine Moral heuchelt und keine Skrupel hat, Menschen auszunützen.

Auch seine Tochter Clara ist da keine Ausnahme. Die wird von Ida Golda als verzogene Göre dargestellt.

Lukas Haas zeigt ihren naiven Liebhaber glaubwürdig. Feinste Darstellungskunst demonstriert Thomas Kamper als Wirt Brighella. Andrea Köhler gefällt als dessen Magd.

Ines Schiller tritt resolut kämpferisch als Federigo/Beatrice Rasponi auf. Daniel Brockhaus mutiert als Florindo Aretusi geschickt zur Conchita-Figur. Bettina Schwarz zeigt eine desperate, umsichtige Smeraldina.

Marcus Thill komplettiert als Anwalt Vendramin mehr als achtbar.

Viel Applaus für diese denkwürdige Aufführung (Vorstellungen bis 28. Juli, www.schlossspiele.com).

 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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