2,5 statt 170 Kilometer: Saudi-Arabiens Zukunftsstadt „The Line“ versandet

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Bis 2030 hätte die saudische Zukunftsstadt NEOM schon rund 1,5 Millionen Menschen beherbergen sollen. Nun sollen es maximal 300.000 sein.

Es war das möglicherweise ambitionierteste Bauprojekt der Geschichte. Eine Stadt als Gebäude, 500 Meter hoch und fast 170 Kilometer lang, außen völlig verspiegelt, mitten in der Wüste. „The Line“ sollte das Herzstück der geplanten Zukunftsstadt NEOM in Saudi-Arabien sein, die daneben noch einen künstlich angelegten Bergsee mit Skiresort (Trojena) und ein Businessviertel an der Küste des Roten Meeres (Oxagon) umfassen soll.

Die „Line“ sollte schrittweise ausgebaut werden, bis 2030 wollte das Königshaus aber schon 1,5 Millionen Bewohner begrüßen, bis 2045 sollte das längste Gebäude der Welt fertiggestellt sein – und rund neun Millionen Menschen beherbergen. Doch inzwischen ist klar: Daraus wird nichts.

Wie das US-Wirtschaftsmagazin Bloomberg berichtet, sollen die saudischen Monarchen das Projekt klammheimlich eingedampft haben. Inzwischen gehe man in Riad davon aus, bis 2030 gerade einmal 2,4 Kilometer der „Line“ bauen und höchstens 300.000 Menschen darin aufnehmen zu können, berichtet ein anonymer, hochrangiger Mitarbeiter. Beide Zahlen seien noch „optimistisch geschätzt“, heißt es.

Geschätzte Kosten stiegen verdreifachten schon nach einem Jahr

Ein erwartbarer Grund dafür ist, dass der Traum der Zukunftsstadt schlicht zu teuer wurde. Die Kosten des gesamten Projekts – aller drei Stadtteile inklusive des weltgrößten Wasserstoffkraftwerks sowie einer Brücke über das Rote Meer – hatte das Königshaus ursprünglich mit 500 Milliarden US-Dollar beziffert. Inzwischen geht man, nur ein Jahr nach Beginn der Bauarbeiten, von der dreifachen Summe aus.

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Giles Pendleton / LinkedIn

Bauarbeiten in der Wüste: Hier soll die Zukunftsstadt „The Line“ entstehen.

Den überwältigenden Teil der Kosten stellt der saudische Staatsfonds (Public Investmend Fund), dessen Geldreserven momentan auf rund 15 Milliarden Dollar geschmolzen sein sollen – den niedrigsten Stand seit Beginn der Corona-Pandemie 2020. Hintergrund des Schritts dürften also die Budgetverhandlungen für das Jahr 2024 gewesen sein.

Was bedeutet das für die Fußball-WM und die Weltausstellung?

Grundsätzlich soll „The Line“ wie geplant errichtet werden, nur eben deutlich langsamer. Doch die Verzögerung des Projekts könnte zum Reputationsschaden für den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (kurz: MbS) werden. Das Königshaus ist sich bestens bewusst, dass die Quelle des saudischen Reichtums, die gewaltigen Öl- und Gas-Reserven des Landes, bei derzeitigem Verbrauch noch in diesem Jahrhundert versiegen werden.

Der 38-jährige MbS, der für seinen schwer kranken Vater, König Salman, die Geschäfte führt, präsentierte deshalb vor Jahren das „Vision 2030“-Programm: Eine Menge von Infrastrukturprojekten, die das Königreich wirtschaftlich auf eine Zukunft ohne Bodenschätze vorbereiten sollen. Teil dieser Vision ist auch, Großveranstaltungen ins Land zu holen, um den Tourismus anzukurbeln – das ist gelungen: Saudi-Arabien bekam unter anderem den Zuschlag für die Weltausstellung 2030 und die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2034.

Das Prestigeprojekt der Vision 2030 war jedoch stets NEOM. Als eine Art Generalprobe für größere Events sollen schließlich in Trojena, dem künstlichen Skiresort, das an einem Ende der „Line“ im Landesinneren gebaut wird, die asiatischen Winterspiele 2029 ausgetragen werden. Es ist fraglich, ob das Königshaus mit dieser Veranstaltung jetzt, wo die NEOM-Pläne derart zurückgefahren werden, die Welt so beeindrucken kann wie erhofft – selbiges gilt für spätere Großevents.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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