
Vor 20 Jahren begann Washington mit seinem Angriffskrieg auf den Irak – mit Folgen, die bis heute andauern.
„Schrecken und Furcht“ sollen die 40 Marschflugkörper verbreiten, die die US-Truppen am 20. März 2003 auf Bagdad abfeuern. Es ist der Beginn eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs, dessen Nachwirkungen bis heute anhalten. Eines Kriegs, der auf einer Lüge basiert – die Massenvernichtungswaffen, die die USA „todsicher“ im Irak zu wissen behaupteten, gab es schlichtweg nicht.
In Diskussionen über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fällt öfters der Vergleich mit der US-Invasion in den Irak – doch wie sieht dies das Völkerrecht?
„Aus völkerrechtlicher Sicht sind der US-Angriff auf den Irak und jener Russlands auf die Ukraine im Ergebnis ident: Es gab keine Grundlage, und das Selbstverteidigungsrecht wurde ad absurdum geführt: Die USA haben von ,präventiver Selbstverteidigung‘ gesprochen, damit der Irak keine Massenvernichtungswaffen bekommt beziehungsweise nicht zu stark wird. Russland ist wiederum nicht konkret geworden, sondern hat einfach pauschal von Bedrohungen für Russland oder russischen Staatsangehörige fabuliert“, sagt Völkerrechtsexperte Ralph Janik zum KURIER.
Unterschiede
Allerdings sieht er – das Völkerrecht betreffend – einen entscheidenden Unterschied: „Dieser war, dass die USA zumindest versucht haben, die Sache über UNO-Inspektoren und das System der kollektiven Sicherheit nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen zu lösen. Als das nicht geklappt hat, haben sie unilateral und damit klar völkerrechtswidrig gehandelt. Russland hat – alleine deswegen, weil es keinen begründeten Anlass gab – nicht einmal versucht, den Sicherheitsrat einzuschalten.“ Innerhalb weniger Wochen rückten die US-Truppen auf Bagdad vor, stürzten das Regime des Langzeitmachthabers Saddam Hussein und sollten bald eine Regierung nach Vorstellungen Washingtons einsetzen.
Hier ergibt sich für Janik ein weiterer Unterschied im Vergleich zur russischen Invasion: „Man muss den US-Angriffskrieg qualitativ – und damit auf einer politischen Ebene – von Russlands Krieg gegen die Ukraine trennen: Saddam Hussein war nicht einmal ansatzweise demokratisch und hat seine Bevölkerung und vor allem einzelne größere Bevölkerungsgruppen systematisch unterdrückt“, sagt er.
Hussein ohne Freunde
Daher sei der Irakkrieg zwar von unzähligen Staaten verurteilt worden, „aber so gut wie niemand hat sich für Hussein und sein Regime starkgemacht. Ebenso gab es deswegen auch keine Sanktionen: Gegen die USA waren damals viele, aber niemand war deswegen für Hussein.“ Dass weder aus dem Irak noch aus Afghanistan „Leuchttürme“ der Demokratie wurden, ist sattsam bekannt – ebenso die Folter-Verbrechen von Abu Ghraib und andere Repressalien gegen die Bevölkerung.
Besorgnis und Ablehnung
Speziell im Globalen Süden löste all das Besorgnis und Ablehnung aus – mit ein Grund, warum viele afrikanische und südamerikanische Staaten die Sanktionen gegen Moskau nicht mittragen wollen und auf den Irakkrieg verweisen.
Mit dem Einmarsch in den Irak, so sagen viele Kritiker, habe Washington als Gewinner des Kalten Krieges sich endgültig über das Völkerrecht hinweggesetzt, sich und seine Macht für unantastbar gehalten. Für Janik hat das bereits früher begonnen: „Die USA haben damals alle Hoffnungen auf eine geordnete Staatenwelt zu Grabe getragen. Zuvor hatten sie ja noch im Irak 1990, Somalia 1992, Haiti 1994 oder im Bosnienkrieg im Rahmen der Vereinten Nationen gehandelt.“
Der erste „Dammbruch“ sei 1999 erfolgt: „Das war die Intervention gegen Serbien, als Russland …read more
Source:: Kurier.at – Politik