Monumente für die neue Normalität: Thomas J Price in der Kunsthalle Krems

Kultur

Mit als klassischer Skulptur getarnter Konzeptkunst bedient der britische Künstler den Bedarf nach neuartigen Denkmälern.

Als er als Jugendlicher die großen Londoner Museen besuchte, erzählt Thomas J Price, sah er unter all den dort repräsentierten Figuren keine einzige, die ihm ähnlich sah – und wenn doch, dann erfüllte sie die Funktion eines Sklaven oder Dieners. 

Der britische Künstler, der selbst weiße und afro-karibische Vorfahren hat, entwickelte also eine kritische Haltung zu dem, was als Denkmalskulptur nicht nur Museen, sondern auch öffentliche Plätze und Stadtbilder prägt: Figuren von Menschen, meist eben weißen Männern, die durch irgendein Verdienst als heldenhaft oder erinnerungswürdig bestimmt wurden, sind die Windmühlen, gegen die der 1981 geborene Künstler anrennt. Dennoch landete er nach einer honorigen Kunstausbildung vor rund 20 Jahren beim Medium der realitätsnahen Skulptur und Plastik. Sein Zugang sollte sich nun aber gegen all das richten, was diese Form traditionell repräsentiert. 

Die Kunsthalle Krems, die unter ihrem Direktor Florian Steininger der zeitgenössischen realistischen Figurenkunst schon mehrmals eine Bühne geboten hat (u. a. mit Ausstellungen von Patricia Piccinini oder Hans Op de Beeck), richtet Price nun eine üppige Werkschau aus. Mit weiteren Stationen in Rotterdam und Bristol bildet sie eine Art „Europatour“ des in seiner Heimat schon recht bekannten Künstlers. 

Klassische Anmutung

Tatsächlich sind die kühlen, weißen Schauräume der ehemaligen Kremser Tabakfabrik mit ihren Säulenreihen ein würdiger Rahmen, der das klassische Element in Prices Skulpturen noch mehr hervorhebt: Aus Gips, Bronze oder Aluminium gefertigt, teilweise vergoldet oder auf Marmorsockeln platziert, treten die Büsten, Kleinplastiken und Großformate deutlich in die Fußstapfen der Repräsentationskultur – nur zeigen sie eben keine heroischen Figuren, sondern ganz normale Menschen, mit Handys, Hoodies und Turnschuhen.

  Schleimen, treten und erpressen

Die meisten haben keine Entsprechung in der realen Welt, sondern sind „fiktive Charaktere, die aber echte Emotionen darstellen sollen“, wie Price sagt. Die Figuren, die der Künstler erst noch in Ton modellierte, mittlerweile aber auf Basis von Fotos und 3D-Scans in „digitalem Ton“ am Computer gestaltet, nehmen keine Heldenposen ein, sondern entspannte, teils auch erschöpfte Haltungen, blicken versonnen drein oder auch traurig. 

APA/AFP/ADRIAN DENNISPassgenaue Form

Es wäre aber ein Irrweg, sich von der  makellosen Machart der Figuren blenden zu lassen, denn es geht hier weder um Kunstfertigkeit noch um die Fähigkeit, bestimmte Wesenszüge darzustellen. Prices Werk gießt lediglich jene Formen aus, die der Diskurs über gerechtere Repräsentationsformen, die Überwindung überkommener Hierarchien und den Sturz problematischer Figuren (von Sklavenhaltern in den USA bis zum antisemitischen Bürgermeister Lueger in Wien) in den vergangenen Jahren ausgehöhlt hat. 

APA/AFP/ANP/ROBIN UTRECHT

Der Künstler tut dies in einer smarten und hochprofessionellen Weise, doch fügt sich seine Arbeit oft gar zu passgenau in die vorgegebenen Desideratsräume ein: Es ist kalte Kunst, das zeigen auch am Ende des Rundgangs noch drei Gemälde, die die Anmutung abstrakter Malerei mit einheitlichen Farbstreifen nachahmen. 

Gleichwohl ist das Werk äußerst markttauglich, wobei die Nachfrage nicht nur auf die Kleinplastiken beschränkt ist: Price ist auch ein gefragter Mann für Kunstwerke im öffentlichen Raum, und der Bedarf nach urbaner Platzgestaltung, in der sich eine diverse Bevölkerung wiedererkennt, wird ihm wohl noch auf viele Jahre volle Auftragsbücher bescheren. In Krems bekommt Prices vor …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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