AK-Direktorin sieht „Taschenspielertrick“ bei Lohnnebenkosten-Senkung

Wirtschaft

Silvia Hruška-Frank sagt, wenn gekürzt wird, egal wo, müssten sich die Arbeitnehmer ihre Entlastung letztendlich selbst bezahlen.

Die von Wirtschaftsvertretern vehement geforderte Kürzung der Lohnnebenkosten, wird von AK-Wien-Direktorin Silvia Hruška-Frank ebenso vehement abgelehnt. Man könne diese Debatte nicht ohne die Finanzierungsfrage führen, findet die Interessensvertreterin.

Denn von der Krankenversicherung, über zahlreiche Familienleistungen bis hin zur Wohnbauförderung sicherten diese Beiträge, meist von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu gleichen Teilen erbracht, den Wohlstand bis tief in die Mittelschicht hinein ab.

Mit der Kommunalsteuer werde beispielsweise der Bau von Kindergärten und Schulen mitfinanziert, ein „Riesenproblem im ländlichen Raum“. Wer hier den Sparstift ansetze, müsse sagen, woher das Geld ansonsten kommen soll.  Hruška-Frank: „Acht von zehn Steuereuros kommen von Arbeitnehmern und Konsumenten. Wenn sich die Arbeitnehmer die vermeintliche Entlastung selber zahlen müssen, ist das ein Taschenspielertrick.“

FLAF statt Lohnerhöhung

Die AK-Direktorin erinnert in diesem Zusammenhang auch an einen historischen Aspekt. Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) sei in den 1950er-Jahren als Gegenleistung für einen Lohnverzicht eingerichtet worden. In den vergangenen Jahren seien bereits 17 Milliarden Euro bei verschiedensten Kürzungen der Lohnnebenkosten zusammengekommen, aber „niemand hat deswegen netto einen Cent mehr bekommen“.

Wer bei den Beiträgen zur Kranken- oder Unfallversicherung kürze, verringere dringend benötigte Mittel von der Krebsprävention bis zur Behandlung psychisch Erkrankter, für Kinder und Jugendliche, aber auch Menschen, die schon sehr lange im Berufsleben stehen, zählt die Expertin auf. Auch die nötige Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters könne nur gelingen, wenn die Menschen so gesund sind, dass „sie auch so lange arbeiten können“. 

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Die Kluft zwischen den hohen Arbeitskosten für die Arbeitgeber versus den im EU-Vergleich relativ geringen Netto-Einkommen für die Arbeitnehmer, ein Umstand den zuletzt Agenda-Austria-Chef Franz Schellhorn thematisiert hat, sieht Hruška-Frank als weniger problematisch an. 

Sie meint: „Entscheidend ist die Produktivität und damit die Lohnstückkosten. Und da stehen wir gut da. Aber natürlich müssen wir in den Standort unbedingt investieren. Wenn wir mithalten wollen, müssen wir vor allem in die Bildung und Digitalisierung investieren, sonst verlieren wir den Anschluss.“

„Hartz IV hat das System zerstört“

Zuletzt ist der Arbeitslosenversicherungsbeitrag um 0,1 Prozentpunkte zu gleichen Teilen für Arbeitgeber und -nehmer gesenkt worden – bei guter Arbeitsmarktlage. 

Wenn die Arbeitslosigkeit jetzt aber wieder steige und immer größere Qualifizierungsprobleme auftreten (Stichwort: Fachkräftemangel) sei es alles andere als sicher, dass die Beiträge auch wieder erhöht werden, stellt Hruška-Frank als Problem in den Raum. Dass die deutschen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nur halb so hoch sind wie die österreichischen, ist für sie kein Argument. „Hartz IV hat das System zerstört. Was wir auch auf keinen Fall wollen, ist das deutsche Rentensystem. Die Altersarmut in Deutschland ist um ein Vielfaches höher.“

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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