Kulturkampf um Italiens Küste: Mamma mia, das Strandbad ist weg!

Politik

Italiens Strandbäder sind seit Generationen in Familienhand. Ab nächstem Jahr müssen die Konzessionen auf Druck der EU transparent vergeben werden – und die Aufregung ist riesig.

In Rimini ist das Wetter am ersten Märztag schon angenehm warm. Entlang der Badestrände herrscht reges Treiben, die Arbeiten für die kommende Badesaison sind schon im Gang. „Die ersten Gäste kommen Mitte Mai“ sagt Mauro Vanni, Besitzer eines Strandbads und Vorsitzender der Genossenschaft Bagnini.

Er freut sich schon auf die Gäste, viele kommen seit Jahren. „Das Bad ist so etwas wie eine erweiterte Familie, die sich einmal im Jahr trifft.“ Manche kommen seit Generationen, so wie es Strandbadbetreiber gibt, die seit Generationen Inhaber der Strandkonzession sind.

Diese Tradition steht nun vor dem Aus. Eine automatische Erneuerung der Strandkonzession, wie sie hierzulande seit Jahrzehnten Usus ist, soll es ab kommendem Jahr nicht mehr geben. Das schreibt die 2006 von der EU verabschiedeten Bolkestein-Richtlinie vor, die eine transparente Ausschreibung der Konzessionen vorschreibt.

Seit Jahren Druck aus Brüssel

Obwohl Italien schon 2010 die Richtlinie ratifiziert hat, gelang es Rom immer wieder, ihre Umsetzung hinauszuzögern. Auch die jetzige Regierung versuchte, anhand eines Dekrets den Stichtag auf Ende 2024 hinauszuschieben. Der Staatsrat erklärte es aber für nichtig, Brüssel droht sogar, die in Kürze fälligen 19 Milliarden EU-Hilfsgelder aus dem Wiederaufbaufonds deshalb nicht auszuzahlen.

„Immer wieder heißt es, die Strandbetreiber wollen sich nicht dem Wettbewerb stellen“, sagt Vanni. „Das stimmt aber nicht. Wir sind es leid, seit Jahren in der Ungewissheit zu leben. Was wir jedoch fordern ist ein Gesetz, damit uns die Investitionen, die wir im Laufe der Jahre gemacht haben, zurückerstattet werden.“ Er selbst habe neben der Konzession, für die er vor 26 Jahren an die 500.000 Euro bezahlte, genau so viel, wenn nicht mehr in das Strandbad investiert. Auch Alessandro Berton, Vorsitzender des Verbands Unionmare Veneto und Besitzer von Strandbädern in Jesolo, Eraclea und Lido di Venezia bei, sagt: „Der Strand gehört dem Staat, das Strandbad ist aber ein privates Unternehmen, das weder dem Staat noch Brüssel gehört.“

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„Keine Goldgrube“

Vanni weist aus von sich, dass Strandbäder Goldgruben seien und sich die Betreiber deswegen gegen die Ausschreibung stellten. Das sei „Quatsch“, sagt er. Die Einnahmen bei einem Strandbad wie seinem mit 120 Schirmen würden zwischen 100.000 und 150.000 Euro liegen. Davon müsse man jedoch die jährlich anfallenden 17.000 Euro für die Strandkonzession, Steuern, Strandinstandhaltungs- und Müllkosten und etliches mehr abziehen. Als Nettoverdienst blieben 30.000 bis 40.000 Euro.

Der Umweltverband Legambiente sieht das anders. „Wenn man bedenkt, dass das Geschäftsvolumen rund um die Sparte zwischen 2 und 5 Milliarden Euro liegt, ist es doch ein Witz, dass der Staat für die Strandkonzessionen insgesamt nur 100 Millionen Euro kassiert“, erklärt Sebastiano Venneri – der Staat lasse sich Geld entgehen.

Eine Karte hoffen die Betreiber jedoch noch spielen zu können. Bis Mitte Juli soll eine genaue Erhebung der Strandbäder erfolgen. In der Bolkestein-Richtlinie heißt es nämlich, dass eine Ausschreibung nur „aufgrund der Knappheit der natürlichen Ressourcen“ erfolgen darf.

„In Italien sind aber nur 0,5 Prozent der Küsten von Strandbädern besetzt“ sagt Herr Vanni. Auch dem widerspricht jedoch Herr Venneri. „Man …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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