Robert Habeck: Der gefallene Liebling

Politik

Vielen galt Robert Habeck als nächster Kanzler. Jetzt stolpert er durch die Niederungen der Realpolitik – die Grünen leiden mit.

Es gab eine Zeit, da wurde in deutschen Managerseminaren mit seinem Stil geworben. „Mehr Habeck“ sollten deutsche Chefs wagen, hieß es da: Nahbar, aber trotzdem lässig, in jedem Thema zu Hause, aber nicht abgehoben – Robert Habeck war für viele Rhetorikgenie, Kanzlermaterial, grüner Superstar. Und Rückschläge? Die nahm er so gelassen wie kein anderer.

Sieht man dem 53-Jährigen jetzt zu, sucht man all das vergeblich. Der zerstrubbelte, hemdsärmelige Grüne, der es sogar schaffte, die innere Zerrissenheit wegen seines Gas-Einkaufs in Katar zur schmeichelnden Hauptabendmeldung umzuformen, ist plötzlich fahrig, er stottert. Seine Flapsigkeit von einst wirkt wie Unbeholfenheit, und in Popularitätsumfragen liegt der lange beliebteste Politiker Deutschlands hinter FDP-Chef Christian Lindner – und dem liegt bekanntlich wenig daran, jedem zu gefallen.

Was ist da nur passiert?

Eine Rumpelstrecke

Einzeln betrachtet gar nicht so viel. Im Sommer war Habeck über seine Idee gestolpert, per Gasumlage Geld für die gebeutelte Gaswirtschaft zu lukrieren. Der Boulevard polterte daraufhin, Habeck wolle die Bürger „schröpfen“, um Konzerne zu stützen, das Projekt fiel durch. Ein paar Monate danach der nächste Tiefschlag: Dass Habeck ab 2024 Öl- und Gasheizungen verbieten wolle, wie ein Insider an die Bild weitergab, machte den einst als sozial geltenden Minister zur Hassfigur aller „kleinen Leute“, und die Ampel hatte ein Streitthema mehr.

Den letzten Dämpfer verschaffte Habeck sich selbst: Er musste seinen Staatssekretär Patrick Graichen wegen Postenschacher-Vorwürfen entlassen – er hatte seinen eigenen Trauzeugen zuvor zum Chef der bundeseigenen Energieagentur gemacht. Dass er zu allem Überfluss auch das umstrittene Heizungsgesetz konzipiert hatte, war ein gefundenes Fressen für die FDP: Die blockiert es nun mit Händen und Füßen – Koalition hin oder her.

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Trauzeugen-Affäre

Dass Habeck vor allem bei der Trauzeugen-Affäre dünnhäutig agierte, über Wochen an Graichen festhielt, obwohl ihm schon parteiintern eine Entlassung nahegelegt worden war, illustriert auch die Fallhöhe des einstigen Überfliegers. Seine Beharrlichkeit wurde ihm nicht als Loyalität, sondern als Halsstarrigkeit ausgelegt – etwas, das bei langgedienten Funktionären der Großparteien wohl kein Problem gewesen wäre.

Das hat viel mit dem medialen Umgang mit ihm zu tun: Schon lange, bevor Habeck Vizekanzler wurde, war er auch ein Medienphänomen – in seiner Zeit als Landesminister in Schleswig-Holstein arbeitete sich der Feuilleton an Stil und Optik ab, hartgesottene Beobachter attestierten dem zum Politiker gewordenen Schriftstellers fast ehrerbietend eine „neue Ehrlichkeit“.

So wie Habeck gehätschelt wurde, wird er heute gescholten. Dass ein Grüner, der sich der Transparenz verschrieben hat, Filz im eigenen Ministerium dulde, wiegt da doppelt schwer. Und sein Beharren darauf, das Heizungsgesetz auch gegen Widerstände durchzuboxen – selbst Partei-Ikone Winfried Kretschmann kritisierte ihn dafür –, wird ihm ganz schnell als wiederbelebte Grünen-Verbotsideologie ausgelegt.

Nächste Sorge: Rezession

Problematisch ist Habecks Pannenserie aber auch auf anderer Ebene. Nicht nur seine Partei rutscht mit ihm ab, sie liegt in Umfragen mittlerweile hinter der AfD.

Auch die Ampel selbst wird durch das Gezerre zwischen ihm und der FDP immer brüchiger. „Die Frage ist, was eher verabschiedet wird: Habecks Heizungsgesetz oder die Ampel“, stichelte die Zeit zuletzt.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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