
Sie arbeiten Vollzeit als Polizist, Dolmetscher oder bei der Steuerfahndung. Am Wochenende pfeifen sie in der Bundesliga.
Seit zwei Jahren gibt es in Österreich den Video-Assistant-Referee. Die Diskussionen im Fußball haben damit aber nicht aufgehört. Aktuell wird der Ruf nach einer Professionalisierung des Schiedsrichterwesens immer lauter. In vielen Ländern in Europa gibt es bereits Referees, die sich zu 100 Prozent auf ihren Job auf dem Fußballplatz konzentrieren. Nicht so in Österreich, wo sämtliche Schiedsrichter unter der Woche einem normalen Beruf nachgehen.
Der KURIER sprach mich zehn Unparteiischen über ihre Jobs und fragte nach: Würden Sie im Beruf reduzieren oder ganz aufhören, um Profi zu werden?
Manuel Schüttengruber, 39
Der Oberösterreicher leitet eine Fahrschule und eine Gesundheitspraxis und arbeitet „circa 50 Wochenstunden, aufgeteilt auf sechs Tage“. Seit 2010 hat er 175 Bundesligaspiele geleitet, auch privat ist er ausgelastet. „Wir sind eine Patchwork-Familie mit drei Kindern.“ Ob er Profi werden will? „Das hätte ich vor fünf Jahren benötigt, als ich die Chance bei der UEFA bekommen hätte, mich im Elitebereich zu etablieren. Jetzt, wo ich beruflich alles aufgebaut habe, ist das kein Thema mehr. Dafür bin ich mittlerweile zu alt.“
APA/DIETMAR STIPLOVSEK
Manuel Schüttengruber
Christian-Petru Ciochirca, 33
Der Grazer ist seit 2020 FIFA-Schiedsrichter, im Vorjahr leitete er das Finale der U-17-EM in Israel. Er ist als Dolmetscher (Deutsch-Rumänisch) selbstständig und Vater einer Tochter. Professionell zu pfeifen, kann er sich vorstellen, „sofern es einen Zwei-bis Dreijahresvertrag und eine klare Zielsetzung und eine Strategie gibt. Profi-Referees aus dem Spitzensport könnten über eine definierte Arbeitsleistung auch dem Breitensport dienen, indem sie etwa Schiedsrichter an der Basis aus- und weiterbilden.“
APA/EXPA/REINHARD EISENBAUER
Christian-Petru Ciochirca
Sebastian Gishamer, 34
Der Salzburger ist seit 2019 FIFA-Referee, arbeitet zwischen 50 und 55 Wochenstunden selbstständig in einem Architektur- und Planungsbüro und ist Vater eines Kindes. „Semiprofitum ist vorstellbar, sofern es ein fixes Grundgehalt und eine Mindestanzahl an Einsätzen gibt.“ Profi zu sein, sei eher unrealistisch. „Projekte im Baugeschäft ziehen sich meist über einen längeren Zeitraum. Es wäre von der Bezahlung und der Befristung abhängig. Diese Frage stellt sich erst, wenn es konkrete Pläne gibt.“
APA/HANS PUNZ
Sebastian Gishamer
Arnes Talic, 28
Der junge Salzburger hat in dieser Saison seine ersten Bundesligaspiele geleitet und verfolgt auch internationale Ziele. Er ist selbständig, leitet ein Maklerbüro und ein Restaurant und ist Familienvater. Den Gedanken, Profischiedsrichter zu werden, hat er bereits für sich durchgespielt: „Ich kann mir als Geschäftsführer meine Zeit selbst einteilen und mir vorstellen, im Job Stunden zu reduzieren. Bei 100 Prozent Professionalität würde ich einen Mitarbeiter einstellen, auch das wäre möglich.“
APA/ERWIN SCHERIAU
Arnes Talic
Julian Weinberger, 38
Der Polizist aus Wien hat zwei kleine Töchter, pfeift seit 2015 in der Bundesliga und ist seit 2018 FIFA-Referee. „Unter den passenden Rahmenbedingungen könnte ich mir vorstellen, semiprofessionell oder allenfalls auch Vollzeit als Schiedsrichter tätig zu sein, um mehr Zeit in Vorbereitung und Regeneration investieren zu können, um nicht – wie schon vorgekommen – nach Spielen direkt in den Nachtdienst zu müssen.“ Als Voraussetzung nennt auch Weinberger „ein entsprechendes Grundgehalt und vertragliche Sicherheit“.
APA/EXPA/PETER RINDERER
Julian Weinberger
Walter Altmann, 38
Der FIFA-Referee aus Wörgl pfeift seit 2017 in der Bundesliga, er ist stellvertretender Bereichsleiter im …read more
Source:: Kurier.at – Sport