Warum die ÖVP gegen die 41-Stunden-Woche ist

Politik
MINISTERRAT: EDTSTADLER

Die IV plädiert für die 41-Stunden-Woche. Warum der Kanzler dieser Diskussion eine Abfuhr erteilt.

Die berüchtigte 32-Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich: Andreas Bablers (SPÖ) Forderung hat realpolitisch keine Mehrheit, nicht einmal in der eigenen Partei. Das Thema „Arbeitszeitverkürzung“ aus politischem Kalkül dermaßen klar zu besetzen, ergibt dennoch Sinn. Einfacher Grund: Teilzeit liegt bei den Österreichern voll im Trend. 2022 hatte man mit 30 Prozent der Beschäftigten hinter den Niederlanden die EU-weit zweithöchste Teilzeitquote. 

Dieser Wert hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten verdoppelt. Und er dürfte laut Statistik Austria weiter zunehmen. 20 Prozent der Männer und 25 Prozent der Frauen, die Vollzeit arbeiten, wünschen sich weniger Wochenstunden. Hingegen wollen nur wenige Teilzeitbeschäftigte länger arbeiten. Die Wirtschaft reagiert darauf. In vielen Betrieben gilt bereits eine Arbeitszeit unter den gesetzlichen 40 Wochenstunden als „Vollzeit“.

Das funktioniert in Branchen, wo bei gleichbleibender Arbeitszeit die Produktivität nicht sinkt. Und abseits davon? Ist die Gemengelage jetzt schon schwierig.

Heißes Wahlkampfthema: Sollten wir eigentlich mehr arbeiten?

Laut der OECD hat Österreich die EU-weit dritthöchste Steuer- und Abgabenbelastung. Die Industrie schrumpft seit dem Vorjahr, hohe Lohnabschlüsse und Energiekosten belasten die Betriebe. Dazu kommen im globalen Vergleich hohe Umweltvorgaben im Rahmen des Green Deals der EU. Kurzum: Es hat einen Grund, warum immer mehr Großbetriebe Standorte in die USA oder nach Asien verlegen wollen. Top-Ökonomen warnen eindringlich vor einer „Deindustrialisierung“. Und vor einer Arbeitszeitverkürzung: Ein US-Amerikaner arbeitet im Durchschnitt jährlich 100 Stunden länger als ein Europäer.

Wie sollte sich also eine Partei in der Arbeitszeitdebatte positionieren, die sich als Vertreterin der Wirtschaft definiert? Zum Beispiel die ÖVP?

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Die Industriellenvereinigung hat zu Wochenbeginn für Aufsehen gesorgt. Ihre Forderung: Die Arbeitszeit gehöre nicht verkürzt, sondern bei gleichem Lohn auf 41 Wochenstunden verlängert. Nun ist anzunehmen, dass die IV bewusst einen Kontrapunkt zu Babler setzen will. Vor allem, um eine weitere Arbeitszeitreduzierung zu verhindern. Denn in der Bevölkerung dürfte es für eine Arbeitszeitverlängerung so gut wie keine Unterstützung geben.

APA/GEORG HOCHMUTH / GEORG HOCHMUTH

Karoline Edtstadler

Nehammer musste ausrücken

Für dementsprechend großes Unverständnis haben am Dienstag die Äußerungen von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gesorgt – auch ÖVP intern. Sie ortete bei einem Auftritt mit der IV „linke Träume“ in der Arbeitszeitdebatte. „Wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, müssen wir mehr als weniger arbeiten“, sagte Edtstadler. 

Dass sie damit nicht die 41-Stunden-Woche unterstütze, sondern die Teilzeitquote senken wolle, kommunizierte die Ministerin erst am späten Nachmittag via Aussendung. Da hatten SPÖ und Gewerkschaften bereits ihr „Entsetzen“ ventiliert. Das Kanzleramt wechselte in den Krisenmodus, wissend, dass mit einer Änderung der Normalarbeitszeit insbesondere in Wahlkampfzeiten nichts zu gewinnen ist. Im Gegenteil. 

Am Mittwoch meldete sich deshalb Bundeskanzler Karl Nehammer zu Wort und erklärte die Diskussion für beendet. „Eine Verlängerung der gesetzlichen Regelarbeitszeit kommt für mich fix nicht in Frage.“ Nachsatz: Genauso halte er die 32-Stunden-Woche für den völlig falschen Weg.

Ist das glaubwürdig? Zwar gibt es für den IV-Vorschlag in der ÖVP vereinzeltes Verständnis, etwa von den Wirtschaftsvertretern Karlheinz Kopf oder Kurt Egger. Eine ernsthafte Absicht, die Arbeitszeit zu verlängern, besteht bei der Volkspartei aber nicht. 

Was gegen eine Arbeitszeiterhöhung spricht

Erstens: Weil es eher Wähler kosten würde. Zweitens: …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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