Ein Absturz mit Ansage: Tories stehen vor historischer Niederlage

Politik

Lang waren die Tories die „natürlich Regierungspartei“, jetzt sind sie für viele Briten unwählbar geworden. Was ist da passiert?

Ums Gewinnen ging es schon lang nicht mehr. Je näher der Wahltag kam, desto lauter warnte Premier Rishi Sunak, dass Labour eine „sozialistische Supermehrheit“ holen könnte. Eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus, da wäre Großbritannien „dem Untergang geweiht.“

Nur: Supermehrheiten gibt es in Großbritannien gar keine. Das Wort stammt aus den USA, wo es regelmäßig zur Angstmache dient. Bei den Briten reicht einfache Mehrheiten für jedes Gesetz; Sunaks Warnung war darum eher: eine Verzweiflungstat.

REUTERS/Hollie Adams

PR-Desaster: Rishi Sunak verkündete die Neuwahlen im strömenden Regen – danach brach „Gamblegate“ aus

Die britischen Konservativen galten lang als die erfolgreichste Partei der Welt. Man nennt sich „natural party of government“, in den letzten 200 Jahren waren die Tories zwei Drittel der Zeit an der Macht, stets mit einem starken Parteiapparat und dem Boulevard im Rücken.

Jetzt hat sich die Stimmung gedreht. Im schlimmsten Fall könnten die Tories bei der Wahl sogar auf Platz drei landen, hinter den Liberaldemokraten oder dem Brexiteer Nigel Farage. Was ist da passiert?

„Zeit für Veränderung“

„Es ist Zeit für Veränderung“, schreibt selbst der Boulevardriese Sun, der jahrelang die verlässlichste mediale Bastion der Tories war. Jetzt unterstützt das Blatt Labourchef Starmer; nicht, weil der das bessere Programm hat. Sondern weil die Tories nur mehr für „Turbulenzen, Verrat und Chaos“ sorgen, wie es heißt.

Das stimmt damit überein, was Wähler sagen. Früher waren die Tories die Partei der Verlässlichkeit, diejenigen, die zwar nicht sympathisch, aber kompetent waren. Dieses Bild gibt es nicht mehr: Fünf Premiers hat die Partei in nur 14 Jahren verschlissen, 2022 gab es vier Innen-, vier Finanz- und fünf Unterrichtsminister. Zuletzt setzen Parteimitglieder Geld auf verfrühte Wahlen – kurz bevor Sunak eben die bekanntgab. Das „Gamblegate“ steht nun symptomatisch für die Partei: Man ist ein Haufen reicher Spieler, denen das Land egal ist.

  Wieso Keir Starmer als Premier viele neue Brücken schlagen muss

APA/AFP/PHILIPPE HUGUEN

David Cameron verschätzte sich mit dem Brexit-Referendum

David Camerons Erbe

Begonnen hat dieser Abstieg aber nicht erst jetzt. Die Wurzeln liegen bei David Cameron, der 2010 nach der Wirtschaftskrise überall den Sparstift ansetze, bei Gesundheit, Polizei, Bildung, Kommunen. Revidiert wurde dieser Kurs zehn Jahre lang nicht, die Folgen daraus spüren die Briten massiv: Bröckelnde Schulen, zahlungsunfähige Gemeinden oder absurde Wartezeiten auf Arzttermine – 10 Millionen Menschen warten derzeit auf Behandlungen, ein Fünftel davon seit mehr als einem Jahr. „Broken“ ist laut einer Umfrage das Wort, mit dem die meisten Briten gerade ihr Land beschreiben.

APA/AFP/POOL/VICTORIA JONES

Boris Johnson bei Queen Elizabeth

Dazu hat sich die Partei sich selbst zersplittert. Cameron wollte die Rechtspopulisten um Nigel Farage mit dem Brexitreferendum kleinkriegen; der Plan ging bekanntlich nach hinten los. Seither folgt eine Führungskrise der nächsten: Theresa May musste das undankbare Erbe Camerons verwalten, wurde dann von Brexiteer Boris Johnson entmachtet. Der stolperte wiederum von Skandal zu Skandal; seine Nachfolgerin Liz Truss trat nach nur 45 Tagen zurück.

Ihre „Trussonomics“ – Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung – wirken bis heute nach, ebenso wie der Brexit. Wären die Briten nicht ausgetreten, wäre ihre Wirtschaftsleistung um zwei bis fünf Prozent größer, sagen Experten – auch ein Grund, warum viele …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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