Harald Mahrer: „Wir müssen nicht jeden Kreisverkehr bauen“

Politik
Harald Mahrer, Arbeitsminister Martin Kocher

WKO-Präsident über Bestellungen in OeNB und WKO, warum „jede neue Steuern Gift ist“ und was vom türkis-grünen Leuchtturmprojekt übrig ist.

Die Wahlen in Frankreich und den USA werden „die Stimmung in Europa beeinflussen, aber weniger das globale Wirtschaftsklima verändern“, sagt WKO-Präsident Harald Mahrer im KURIER-Interview. Mit den Zuschreibungen von „links und rechts“ kann Mahrer „nichts mehr anfangen“. Was „management by chaos“ ist und, von wem er sich eine „andere Strahlkraft erwartet hätte“.

KURIER: Laut OGM-Kurier-Umfrage soll sich die künftige Regierung prioritär um Migration kümmern. Zeitgleich ist Österreich auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen und die Arbeitslosenrate unter Ausländern liegt in Österreich mit 14 % über dem Schnitt (9%). Welches Problem haben wir?

Harald Mahrer: Das Problem ist vielschichtig: Wir haben einen tendenziell schrumpfenden Arbeitsmarkt, einen großen Teilzeit-Anteil und Babyboomer, die in Pension gehen. Das geht sich in Summe nicht aus. Wir gehen aus einer Zeit, die sehr komfortabel war in eine Zeit, die unkomfortabel wird. 

Nochmals: Wir suchen Menschen im Ausland und viele Nicht-Österreicher sind arbeitslos.  

Wichtig ist, dass dort ansetzen, wo die Stellhebel die größte Wirkung haben. Ich glaube, dass Menschen, die seit Jahren in Österreich sind und trotz Job-Angeboten beschäftigungslos sind, vielleicht nicht in den Arbeitsmarkt eintreten wollen.

Ohne weitere Konsequenz?

Selbst mit viel Aufwand wird es uns nur schwer gelingen, Menschen, die nicht am Arbeitsmarkt teilnehmen wollen, in diesen zu bekommen. Wir müssen leider in einer westlichen Demokratie anerkennen, dass es Menschen gibt, die soziale Trittbrettfahrer sein wollen. 

Werden die Trittbrettfahrer mehr?

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Es ist eine Gruppe, die wir nicht mehr ausblenden können. 

Ist der größte Hebel im Ausland?

Die drei größten Hebel sind: steuerfreie Überstunden, steuerfreies Dazuverdienen in der Regelpension und eine steuerlich attraktive Vollzeit im Vergleich zu Teilzeit.  Und ja, wir müssen den ausländischen Fachkräften den roten Teppich ausrollen, damit sie zu uns kommen, denn wir stehen im knallharten Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern. Wir brauchen Menschen, die bei uns arbeiten wollen: Egal, ob auf Zeit oder für immer. Wir reden dabei übrigens schon lange nicht mehr über Menschen aus EU-Beitrittsländern wie dem Westbalkan, wo sich österreichische Investoren engagieren.

Die österreichischen Investoren brauchen die Arbeitskräfte aber vor Ort.

Es ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als auch. Unternehmen bilden vor Ort aus, damit sich der Arbeitsmarkt in den jeweiligen Ländern qualitativ entwickelt. 

Muss Österreich auch Unternehmen den roten Teppich ausrollen?

Es geht jetzt gerade mehr um Menschen denn um Unternehmen. In fünf bis zehn Jahren werden die Firmen dorthin gehen, wo die meisten Talente sind. Die zweite Schicksalsfrage, die wir beantworten werden müssen: Schaffen wir es, uns als Top-Forschungsland zu etablieren oder nicht. Was wir jedenfalls nicht machen dürfen, das ist, in einem Hochsteuerland eine Debatte über neue Steuern führen. 

Die Debatte wird aber geführt, weil Österreich sparen und Einnahmen lukrieren muss – mit einer neuen Vermögenssteuer oder einer MwSt-Erhöhung?

Den bestehenden Wirtschaftsleistungskuchen steuerlich mehr zu belasten, um die Mehraufwendungen finanzieren zu können – das ist retro und das funktioniert nicht. Wir müssen den Kuchen größer backen. Die Steuerdebatte ist eine verfehlte – vor allem in einem Land, in …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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