„Königsmacher“ Oğan für Erdoğan: Ist die Türkei-Wahl gelaufen?

Politik

Der Drittplatzierte sprach eine Empfehlung für den Amtsinhaber aus. Gegner Kılıçdaroğlus Stichwahl-Chancen schwinden.

Die erste Runde der türkischen Präsidentschaftswahl am 14. Mai hat keinen der drei Kandidaten so richtig glücklich gemacht. Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan von der konservativ-islamischen AKP hatte sich nach über 20 Jahren an der Macht einen klaren Sieg erhofft, muss mit seinen 49 Prozent aber am 28. Mai in eine Stichwahl. Sein sozialdemokratischer Gegner Kemal Kılıçdaroğlu – der Kandidat des Oppositionsbündnisses – hätte sich ebenfalls mehr gewünscht als die 45 Prozent, die er am Ende erreichte. Viele Umfragen hatten ihm einen Sieg vorausgesagt.

Und dann war da noch der Ultranationalist Sinan Oğan, der immerhin fünf Prozent der Wähler von sich überzeugen konnte und seitdem als „Königsmacher“ gehandelt wird. Rund eine Woche ließ Oğan seine Wähler nicht wissen, wen er ihnen für die Stichwahl empfiehlt. Montagabend gab er dann bekannt, Erdoğan zu unterstützen.

Ministerposten möglich

Das kam keineswegs überraschend. Auch, weil Oğan der Kurden-Partei HDP Terrorismus vorwirft und ein hartes Vorgehen gegen sie fordert. Diese unterstützt das Bündnis um Kılıçdaroğlu.

Laut Hakan Akbulut, Politologe der TU Kaiserslautern, könnte hinter der Empfehlung noch etwas stecken: „Erdoğans Chancen stehen einfach besser. Vielleicht will Oğan auf der Siegerseite stehen, weil da mehr zu holen ist.“ Denkbar sei etwa ein Ministerposten oder gar das Amt des Vizepräsidenten. Derartiges könnten Erdoğan und Oğan bei einem Treffen am 19. Mai in Istanbul besprochen haben.

Für Kılıçdaroğlu ist die Wahlempfehlung jedenfalls bitter, versuchte er in den letzten Tagen doch, möglichst viele Oğan-Wähler auf seine Seite zu ziehen.

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via REUTERS/ALP EREN KAYA/CHP

Umfragen sahen gute Chancen für Kılıçdaroğlu, ein Sieg ist aber immer unwahrscheinlicher.

Deutlich schärfere Töne

Vor allem bei dessen zweitem großen Thema, der Migration, war Kılıçdaroğlus Wortwahl zuletzt deutlich schärfer als gewohnt. Als Präsident würde er „alle Flüchtlinge nach Hause schicken“, kündigte er an. Und die Zahl der Geflüchteten im Land bezifferte er auf zehn Millionen, Quellen dafür nannte er keine. Laut UN leben 3,9 Millionen Flüchtlinge in der Türkei, die meisten von ihnen aus Syrien.

Dass Kılıçdaroğlu es noch schafft, das Ruder herumzureißen, hält Politologe Akbulut auch wegen Erdoğans Vorsprung sowie der bereits hohen Wahlbeteiligung in der ersten Runde für sehr unwahrscheinlich.

Kılıçdaroğlus Wandel der letzten Tage sei zudem riskant, auch wenn die Ablehnung von Flüchtlingen in der Türkei weit verbreitet sei: „Die neuen Töne untergraben Kılıçdaroğlus Glaubwürdigkeit “, so der Experte. Derartige Veränderungen von einen Tag auf den anderen, das erinnert Akbulut stark an die Art und Weise, wie auch Erdoğan Politik macht.

Und das, obwohl Kılıçdaroğlu doch immer vor allem eines wollte: Es anders machen als Erdoğan.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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