Wie eine Buchhändlerin in der Nazi-Zeit Leben rettete

Kultur

Nichts schien von ihr übrig geblieben. Als sich die Schriftstellerin Bettina Balàka und die Historikerin Katharina Prager auf die Suche nach der Erinnerung an Doris Brehm machten, fanden sie nicht einmal mehr einen Grabstein.

Die beiden wussten auch nicht, wann und wo sie gestorben war. Erst viel später stellte sich heraus, dass die Schriftstellerin, Übersetzerin, Verlagslektorin, Bibliothekarin und Widerstandskämpferin Doris Brehm, geborene Diez, am 15. Jänner 1991 im Alter von 82 Jahren im Wiener Wilhelminenspital an Krebs gestorben war.

Balàka und Prager wollten mehr wissen und machten sich auf ihre Spur. Sie hatten sie im Grab ihrer Eltern vermutet, doch auf dem Zentralfriedhof angekommen, stellten die beiden fest, dass dieses mittlerweile aufgelassen worden war. Doris Brehm, die seit 1978 in einem Döblinger Altersheim gelebt hatte, hatte ihren Körper der Wissenschaft überlassen. Was sonst an sie hätte erinnern können – Bücher, Briefe und Manuskripte – war verloren gegangen. Bettina Balàka und Katharina Prager wollten es nicht dabei belassen.

Mit der Wiederentdeckung von Doris Brehms Roman „Eine Frau zwischen gestern und morgen“ wollen sie die literarische, aber auch die historische Rolle dieser vergessenen Autorin und Widerstandskämpferin wieder zurück ins kollektive Gedächtnis holen. Brehms Roman ist das erste Buch aus der Reihe „Haymon Her Story – Wiederentdeckte Literatur von Frauen“: Darin machen sich Bettina Balàka und Katharina Prager auf die Suche nach vergessenen Autorinnen. Jedes Buch erscheint mit einer literarischen Einordnung von Herausgeberin Balàka und einem Beitrag zur historisch-biografischen Auseinandersetzung von Historikerin Katharina Prager.

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Autorin Balàka, Historikerin Prager auf Spurensuche am Zentralfriedhof 

Ein Zimmer für sich …

Bestrebungen, vergessene Autorinnen wiederzuentdecken, gibt es bei einigen Verlagen. Was „Haymon Her Story“ unterscheidet, ist der explizite Schwerpunkt auf den Donauraum sowie der Mehrwert durch die biografische Recherche über die jeweilige Autorin. Dahinter steckt auch ein wenig die Idee aus Virginia Woolfs Essay „Ein Zimmer für sich allein“, in dem sie argumentierte, dass, hätte William Shakespeare eine geniale Schwester gehabt, diese als Frau wohl keine entsprechenden Entfaltungsmöglichkeiten gehabt hätte und im Lauf der Zeit wahrscheinlich aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden wäre.

Kennengelernt haben Bettina Balàka und Katharina Prager einander ausgerechnet bei der Recherche nach einem vergessenen Autor. „Seine Schwester hat uns als Autorin aber bald mehr interessiert“, erzählt Prager. „Wir haben eines der wenigen Exemplare ihres Romans ausfindig gemacht und festgestellt: Das ist eine wirklich sehr außergewöhnliche Autorin.“ Der Grundstein für „Her Story“ war gelegt – die Autorin, deren Name an dieser Stelle noch nicht genannt werden soll, könnte eine weitere Wiederentdeckung der neuen Reihe werden. Die Entscheidung, mit Doris Brehm zu beginnen, passt auch in den zeithistorischen Kontext des Endes des Zweiten Weltkriegs. „Das Faszinierende an Doris Brehm war, dass sie wirklich komplett unbekannt war, mit der Ausnahme von ein paar Zeilen, die Erich Hackl vor langer Zeit einmal über sie geschrieben hat. Ich habe eine alte Ausgabe ihres Romans, herausgegeben bei einem DDR-Verlag, gefunden. Das Cover zeigt zwei Damen mit Handtaschen – ich dachte sofort: Ein doofer Frauenroman. Mehr oder weniger lustlos habe ich begonnen, das Buch zu lesen, und schon auf der ersten Seite festgestellt, dass ich hier einen wirklichen …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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